„Mit 75 bin ich noch zum jung für den Seniorenclub!“

Praktisch alle Seniorenclubs klagen über „Nachwuchsmangel“. Oft bekommen die Leiterinnen (es sind zumeist Frauen!) zu hören, dass die Angesprochenen noch zu jung seien. Noch drastischer sagte es eine Frau: „So alt kann ich gar nicht werden, dass ich da hingehe!“

Was ist das für ein Altenbild, das sich darin ausdrückt? Was ist das für eine Vorstellung vom Seniorenclub?

Dahinter steht wohl das Vorurteil, dass man im Seniorenclub nur eingeschränkte Menschen antrifft – eingeschränkt in der Mobilität, in der geistigen Beweglichkeit, im sozialen Kontakt, in den Interessen. Diese Vorstellungen orientieren sich stark am Defizit. Damit einhergeht dann die Vorstellung, dass man durch die Teilnahme am Seniorenclub öffentlich demonstriert, dass man nicht mehr so fit ist, dass man nicht mehr so kann, dass man in manchem (in allem?) nachlässt. Und so etwas zugeben will niemand gerne. Konsequenz: „Da geh ich nicht hin!“

Natürlich haben sich die Lebensumstände von Senioren gewandelt und wandeln sich immer noch. Die heute 65-jährigen haben kaum noch Ähnlichkeit mit den 65-Jährigen vor 25 Jahren (als viele Seniorenclubs gegründet wurden). Sie sind gesünder, fitter, aktiver, selbstbestimmter. Sie suchen sich aus einem großen Angebot heraus, was ihren Interessen entspricht. Heutige Rentner sind anspruchsvoller als die Rentner damals. Heutige Senioren sind nicht mehr nur auf den Seniorenclub angewiesen.

Wenn wir allerdings mal nicht von der Geburt an rechnen, sondern umgekehrt vom Tod her, haben wir in den Seniorenclubs damals wie heute Menschen, die noch etwa 15 – 25 Jahre zu leben haben. Es stellen sich dieselben Fragen: Wie meistere ich die kommenden Beeinträchtigungen? Wie habe ich mein Leben bisher gelebt? Was gibt meinem Leben Sinn und was gibt mir Halt? Wie bleibe ich geistig, körperlich und sozial rege? Was ist der „rote Faden“ in meinem Leben? Was geschieht nach dem Tod?

Senioren sind an solchen Fragen interessiert. Senioren wollen dazugehören. Senioren wollen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten einbringen, sie wollen gebraucht werden. Senioren brauchen lebensnotwendig den Kontakt zu anderen. Senioren suchen die Lebensfreude – gerade im Angesicht mancher Beschwernis.

All das lässt sich im Seniorenclub finden. All das macht den Seniorenclub so bedeutsam. Vorausgesetzt, es gelingt, die Senioren in die Gestaltung einzubinden. Ein schönes Beispiel habe ich heute erzählt bekommen: Eine Seniorenclubleiterin wollte denen, die nicht mehr kommen können, einen Weihnachtsgruß zukommen lassen. Dadurch sollten sich die ehemaligen Mitglieder immer noch erinnert fühlen. Allerdings fehlte der Leiterin die Zeit dazu und so bat sie die Seniorenclubmitglieder, diesen Besuch jeweils zu zweit zu machen, mit einer Grußkarte und einer kleinen Süßigkeit. Es fanden sich ausreichend Interessenten und die berichteten dann ganz begeistert von der Freude, die sie gemacht und auch selber bekommen haben.

Wir lernen allmählich, die Senioren nicht mehr nur von ihren Defiziten her zu definieren, sondern von ihren Kompetenzen, Resourcen und Lebensthemen. So machen wir sie zu aktiven Teilnehmern statt zu passiven Empfängern. Und das ist es, was heutige Senioren bis ins hohe Alter brauchen und wünschen.

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