Eine ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte – 2. Teil

Hier die Fortsetzung im 2. Teil

Josef in Ägypten

Josef zeigt Widerstand – und fügt sich dann doch. Seine Widerstandskraft scheint erloschen, vielleicht zu wenig geübt, vielleicht nicht eindeutig genug formuliert, vielleicht zu wenig Selbstbewusstsein, vielleicht zu wenig Unterstützung im Widerstand. Die eigenen Wünsche und Lebensvorstellungen bleiben auf der Strecke. Josef nimmt Maria zur Frau, gemäß dem göttlichen Befehl. Geht dem Befehl des Kaisers gehorsam nach Bethlehem, in die Stadt seiner Vorväter. Es ist wohl nicht seine Geburtsstadt, nicht seine Heimatstadt. Es ist Fremde. Josef scheint dort auch keine Verwandten zu haben, bei denen er unterkommen hätte können. Dennoch sperrt er seine Werkstatt zu, verabschiedet sich und geht die gut 160 km nach Bethlehem, zusammen mit der schwangeren Maria. Sie sind wohl eine Woche unterwegs. Wo sie auf dem Weg übernachten, wie sie sich verpflegen, wie die hochschwangere Maria die Beschwernisse dieser Wanderung erträgt: darüber verliert die Bibel kein Wort. Josef zeigt sich pragmatisch, als er in Bethlehem kein Hotelzimmer auftun kann mit einem Bett für sie beide. Dann ist ein Stall nicht die schlechteste Wahl. Hier sehen wir wieder nur den fügsamen Josef – kein Aufbegehren, kein Insistieren, kein Sitzstreik vor den Türen der verschlossenen Herberge. Aber auch kein Lamentieren und Jammern. Es ist ja nur für kurze Zeit: nach der kaiserlichen Registrierung geht es ja wieder heim nach Nazareth.
Aber wieder geht es nicht nach seinem Willen. „Nicht was ich will, sondern was Du willst“ – so wird auch sein Sohn, der jetzt noch ungeborene – 33 Jahre später sagen. Wieder kommt eine Fremdbestimmung, kommt ein göttlicher Auftrag. Von der fremden Stadt Bethlehem in das fremde Land Ägypten. Von der Vorväterstadt noch weiter zurück in die Vergangenheit, in die Vergangenheit des ganzen eigenen Volkes, zurück in die Herkunft aus dem „Sklavenhaus Ägypten“, zurück in die ultimative Fremdbestimmung. Und auch dort – in Ägypten – wird er als Ausländer ohne Sprachkenntnisse und ohne Kenntnis der Kultur (weder der Leit- noch der Sub- oder anderer Kulturen) große Chancen auf ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben haben, noch dazu mit ungewisser Aufenthaltsdauer. Soll er sich auf ein halbes Jahr einrichten oder auf eines oder drei oder für immer? Die Ägypter werden ja auch nicht gerade auf ihn gewartet haben und Zimmerer gibt es wahrscheinlich auch genug. Also heißt es: hinten anstellen, nehmen, was kommt, um die junge Familie über Wasser zu halten. Kein Raum für eigene Wünsche und Begehrlichkeiten. Das eigenständige, wenigstens im Rahmen Nazareths mögliche selbstbestimmte Leben ist sternenweit weg.

Nächste Woche gibt es dann die Fortsetzung.

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