Die Hilfsbedürftigkeit der Senior*innen

Als vor etwa zwei Monaten die Corona-Pandemie bei uns so richtig zugeschlagen hat, haben sich spontan unglaublich viele bereit erklärt, älteren und kranken Menschen zu helfen. Es entstanden zahlreiche Hilfenetzwerke, sei es durch Landjugenden, Pfarreien, Vereine und in der Nachbarschaft. Auch viele Kommunen sind da tätig geworden. Das alles war und ist für mich ein sehr ermutigendes Zeichen, dass es in unserer Gesellschaft Solidarität und Verbundenheit gibt.

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die Hilfsangebote gar nicht in dem Maße in Anspruch genommen werden wie erwartet. Ich hoffe, dass die Helfer dadurch nicht frustriert sind – denn ihre Bereitschaft war und ist ja ein kraftvolles Statement! In meinen Telefonaten haben mir etliche Senior*innen erzählt, dass sie gut versorgt seien. Einige haben Verwandte (Partner/ Kinder) im Haushalt, die die Einkäufe erledigen. Andere können sich an ihre Nachbarn wenden, auch da gibt es manche Zusammenschlüsse und Hilfeverbünde.

Dass die Hilfe relativ wenig in Anspruch genommen wurde, zeigt für mich allerdings auch noch eine andere, grundsätzlichere Facette: die Senioren sind nicht in dem Maße hilfebedürftig, wie es gesamtgesellschaftlich vielleicht wahrgenommen wird. Senioren sind ja auch aktiv, Senioren finden eigene Wege, Senioren unterstützen selbst andere unter der Einschätzung ihrer eigenen Gefährdung und die der anderen.

Das hatte jedoch auch zur Folge, dass manches zunächst mal nicht mehr funktionierte. Die Tafeln etwa werden in hohem Maße von Senior*innen getragen – und mussten dieses Engagement wegen der möglichen Fremd- und Selbstgefährdung stoppen. Gott sei Dank sind da Jüngere eingesprungen! In diesem Prozess wurde eben auch sichtbar, dass unsere Gesellschaft auf das ehrenamtliche Engagement der Senior*innen angewiesen ist. Es ist „systemrelevant“ (um mal ein von mir ungeliebtes Modewort zu benutzen)!

Noch etwas anderes ist mir immer wieder begegnet: neben all der Sorge um die eigene Gesundheit und die von nahestenden Menschen gab es auch immer wieder eine Stimmung von Gelassenheit und Optimismus. „Ich habe schon so viel erlebt, den Krieg z. B., da werden wir das auch überstehen.“ hat etwa eine etwa 90-jährige Frau gesagt. Aus dieser Haltung geht sehr viel Ermutigung aus, gerade für die, die sich Sorgen machen um andere und Ängste haben. Auf diese Weise geben die Senior*innen den jüngeren etwas zurück für all die Hilfe, die die jüngeren angeboten und geleistet haben.

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