Pflegende Angehörige:

„Das habe ich nicht gemerkt“

Gestern Abend ging es in der ARD-Sendung „Hart, aber fair“ um das Thema „Pflege“. Pflege daheim (etwa 2/3 werden daheim von Angehörigen gepflegt), Heimunterbringung, personelle Ausstattung, Pflegekosten und die Pflegeversicherung sowie die Frage nach dem je eigenen Beitrag der Pflegebedürftigen waren wichtige und interessante Fragen.

Am eindrücklichsten aber war für mich ein Mann, der seit etwa 20 Jahren seine Frau pflegt. Er erzählte davon, wie er seinen Alltag bewältigt zwischen Berufstätigkeit und Pflege. Lange Zeit schaffte er das allein und mit Unterstützung der Familie. Erst spät kamen Freunde und auch professionelle Helfer dazu. Auf die Frage von Moderator Louis Klamroth, woran er gemerkt habe, dass seine Kräfte erlahmen, sagte er:

„Ich habe das gar nicht gemerkt!“

Diese Aussage ist erschreckend, aber kein Einzelfall. Sie hat mich an ein Gespräch vor vielen Jahren mit einem ähnlichen Satz erinnert. Angehörige pflegen, bis sie nicht mehr können. Sie haben den Anspruch an sich selber, es alleine zu schaffen. Sie haben vielleicht auch Scham, sich und anderen einzugestehen, dass die häusliche Pflege über ihre Kraft geht. Sie empfinden und hören oft auch von außen den Anspruch, dass sie die Pflege selbst zu leisten haben – natürlich im höchstmöglichen Ausmaß und Standard. Von außen: das beginnt manchmal schon bei den Familienmitgliedern, die nicht im selben Haushalt wohnen.

Dabei ist niemandem gedient, wenn die pflegende Angehörige (in der Mehrzahl sind es Frauen) zusammenbricht und nicht mehr kann. Ausgebrannt ist, keinen Raum mehr hat zum Verschnaufen, zum Loslassen, gar zur eigenen Lebensgestaltung. Wenn das ganze Leben nur noch in der Aufmerksamkeit und der Fürsorge für den Pflegebedürftigen besteht. Dabei gibt es Unterstützungsmöglichkeiten!

Die einfachste Unterstützung besteht für Freunde und Nachbarn darin, nachzufragen – Interesse zu zeigen – zu zeigen, dass die pflegende Angehörige nicht vergessen ist. Das darf man ja nicht unterschätzen!

Eine weitere Möglichkeit sind Nachbarschaftshilfen oder ein ehrenamtlicher Besuchsdienst. Die ermöglichen mal eine Auszeit: zum Frisör, einen Spaziergang, in ein Cafe, eine halbe Stunde bei einer Freundin… Eine erste Adresse und Ansprechpartnerin wäre da die Seniorenseelsorgerin, die evtl. Kontakte vermitteln kann.

Und schließlich die Vielzahl unterschiedlicher Profis: von der Haushaltshilfe über den Fahrdienst bis hin zur Tages- bzw. Verhinderungspflege und zum Pflegedienst. Adressen gibt es etwa auf meiner Seite mit dem Hilfenetzwerk.

Zum Schluss möchte ich noch eine Bemerkung aus der Sendung aufgreifen: Pflegebedürftige sind nicht nur alte Menschen. Pflegebedürftig sind auch schon junge Menschen mit einer Behinderung etwa. Das ist eine Personengruppe, die oft übersehen wird.

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