Am Josefitag haben wir bei einem Einkehrvormittag im Pfarrverband Flossing die verschiedenen Seiten des Hl. Josef kennen gelernt. Ganz unterschiedlich berichten die beiden Evangelium nach Matthäus und nach Lukas von ihm. Nochmals davon unterschiedlich ist die Verehrung des Hl. Josef in der Volksfrömmigkeit – sie ist immer auch ein Spiegelbild der jeweiligen Zeit.
Im Matthäusevangelium wird in einem ausführlichen Stammbaum Josef als ein Nachkomme Abrahams und Davids dargestellt. Er wird als der Verlobte Marias benannt (d.h. sie waren schon davor ein Paar, wenn auch noch nicht verheiratet) und als „gerecht“ bezeichnet. Im Mt wird ausführlich die Sterndeutergeschichte erzählt, Josef spielt darin jedoch keine Rolle. Bei der Flucht nach Ägypten ist er die treibende Kraft auf Grund der Botschaft des Engels (der ihm insgesamt dreimal erscheint). Nach der Rückkehr läßt er sich in Nazareth nieder, das ist dann auch die erste Erwähnung dieses Ortes im Matthäusevangelium.
Anders das Lukasevangelium: Hier lebt Josef und Maria in Nazareth und zieht dann wegen der Volkszählung nach Bethlehem. Nach der Geburt bringen sie das Kind nach Jerusalem zur Beschneidung und begegnen im Tempel Simeon und Hannah. Danach ziehen sie nach Nazareth zurück. Die Erzählung vom 12-jährigen Jesus im Tempel bildet den Abschluss der Kindheitsgeschichte im Lukasevangelium.
Josef wird immer als der Vater Jesu bezeichnet, ebenso werden Brüder und Schwestern Jesu erwähnt. Vom Alter Josefs ist nichts gesagt, er kann ein junger Mann gewesen sein oder auch ein alter. Die Kirche hat später Josef als alt dargestellt, um die Jungfräulichkeit Mariens herauszustellen. Ab dem 19. Jahrhundert wird Josef für die Kirche und die Volksfrömmigkeit wichtig – vor allem als politisches Bollwerk gegen die aufkommende Arbeiterbewegung und den Kommunismus. So wurde im Jahr 1955 der 1. Mai – der Tag der Arbeit – als Festtag Josefs des Arbeiters proklamiert.
Für uns heutige ist er ein eher stiller Heiliger, ein Heiliger im Hintergrund. Er ist als einfacher Arbeiter den heutigen Arbeitern nahe, als Mann auf der Flucht vor Herodes vielleicht auch den Menschen, die heute politisch verfolgt und mit dem Tod bedroht werden. Er wurde zum Patron der Sterbenden und auch -als Greis- der Älteren. Für die jüngeren Menschen spielt seine Tatkraft und Entschlossenheit eine Rolle, für die Suchenden und Zweifelnden ist sein Argwohn und seine Unsicherheit bzgl. Gottes Handeln an Maria sympathisch.
Wie alle Heiligen zeigt uns auch Josef etwas vom Wesen Gottes: er kann etwas schaffen, was vorher undenkbar schien. Er wächst über sich hinaus in Gottes Kraft und macht so sichtbar, wie sehr Gott auf der Seite der Verfolgten und Bedrängten steht und sie in die Sicherheit führt. Gott ist fürsorglich wie Josef und läßt uns auch eigene Wege laufen wie Josef es bei seinem 12-jährigen Sohn getan hat.