20. Oktober 2023 · 11:55
Der November wird oft als „Totenmonat“ bezeichnet. Im November rückt schon mit den beiden christlichen Gedenktagen „Allerheiligen“ und „Allerseelen“ am Beginn des Monats der Tod in den Blick – und auch das, was nach dem Tod kommt.
In diesem Jahr ist das Thema „Tod und Sterben“ besonders eindrücklich in unser Bewusstsein gerückt durch den Krieg in der Ukraine und in Israel und Palästina und auch anderswo auf dieser Welt. Auf beiden Seiten, überall, sterben Menschen, oft auch Zivilisten. In der medialen Aufmerksamkeit stehen dann die gegenseitigen Vorwürfe der Täterschaft, die Brutalität und Grausamkeit, die scheinbar berechtigte Rache. Oft vergessen und verdrängt wird die Trauer um die Opfer auf allen Seiten. Die Trauer um den Verlust von Menschen, die von anderen geliebt wurden, die Familie haben und Freunde, die Freude vermittelt haben und Lebenserfahrung, auf die man sich verlassen konnte. Stellvertretend für alle hier ein Bild aus dem Ukrainekrieg, das mir sehr zu Herzen ging:
Diese beiden Menschen vereint die Erfahrung von Verlust – nicht nur des Hauses, sondern auch von Menschen, von Sicherheit, von Frieden. All das ist „gestorben“ im Krieg.
Der Tod gehört zum Leben. Daran erinnert uns der November. Aber muss es so ein Tod sein? Muss der Tod mit Gewalt daherkommen? Muss er zur „Unzeit“, als viel zu früher Tod, kommen? Wir wünschen uns alle eine ganz andere Art von Sterben. Oft sagen mir Menschen, sie möchten nicht ewig leben. Aber sie möchten zufrieden sterben, lebenssatt, nach einem erfüllten Leben. Manche im Kreis der Menschen, die sie lieben. Manche lieber allein. Immer möchten sie ohne Angst und ohne Schmerzen sterben (was die Medizin ermöglichen kann). Ein paar Mal höre ich, dass Menschen selbstbestimmt sterben wollen mit assistiertem Suizid. Die meisten bevorzugen das Sterben als natürlichen Prozess am Lebensende.
Solche Gespräche und auch der ganz äußerliche Anlass des Totenmonats bieten Gelegenheit, über das eigene Sterben nachzudenken. Und über das, was danach sein wird. Manche sagen: „Dann ist alles aus.“ Ich glaube, dass es weitergeht – gut weitergeht. Dass am Ende die Barmerzigkeit, die Güte und die Liebe Gottes steht. In der wir alle landen werden. Auch ich mit meinen ganzen Fehlern, allem Misslungenen, allem, was ich auch wissentlich anderen angetan habe. Weil ich mir den Himmel auf gar keinen Fall „verdienen“ kann. Wie auch?
Mir allerdings vorzustellen, dass das auch für die Mörder mit ihrer Brutalität und Grausamkeit gelten wird – das fällt mir dann doch schwer. Und der Gedanke an eine „Hölle“ ist mir Ausdruck allzu menschlichen Rachebedürfnisses. Wenn Gottes Barmherzigkeit grenzenlos ist (was ich glaube und erhoffe), dann muss das auch für diese Menschen gelten.
Das bleibt eine Provokation für meinen christlichen Glauben. Bis ich es selber erleben werde. Aber der November eröffnet wenigstens eine Perspektive.