Senioren und Antisemitismus

Seit dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel wird auch die Bedrohung der Juden bei uns in Deutschland wieder mehr bewusst. Die geschieht jedoch nicht nur durch arabische Menschen in Deutschland. Der Antisemitismus ist auch in der deutschen Bevölkerung aktiv und unübersehbar. Es ist nicht nur ein Problem der extremen Rechten in Deutschland, nicht nur eines in Ostdeutschland, nicht nur eines von jungen Menschen. Da hatte ich neulich ein bedrückendes, befremdendes Erlebnis.

Ein Mann mit über 80 Jahren hat in einem Gespräch mit mir zwei judenfeindliche Bemerkungen gemacht. Das kam für mich völlig überraschend, weil ich ihn so niemals eingeschätzt hätte. Und es hat nach meiner Zurückweisung dieser Bemerkungen Irritationen und Fragen bei mir ausgelöst:

Es gibt offenkundig einen latenten Antisemitismus, der sich nicht öffentlich zeigt, aber in einer Haltung.

Es gibt Senior*innen, die die Judenverfolgung noch als Kind mitbekommen haben. Wie haben sie das verarbeitet?

In meiner Schulzeit vor 50 Jahren wurde nicht darüber gesprochen. Weder in der Schule, noch daheim. Ist das heute anders?

Wir müssten und könnten wohl viel aufmerksamer sein für alltägliche abwertende, polarisierende, in eine Ecke stellende Äußerungen und Haltungen. Und zwar gegenüber allen Gruppen.

Welchen Beitrag könnten die Senior*innen heute leisten? Da wünschte ich mir sehr viel mehr Lautstärke und Mut, um solche Ausgrenzungen zu benennen und sichtbar zu machen.

Abgrenzung gegenüber anderen, Ausgrenzung von anderen: dafür haben wir auch Belege in der Bibel. Und die werden ja eben gerade von Älteren gerne zitiert (z.B. von meinem Gesprächspartner). Aber gerade am Beispiel des Jesaja und auch bei Jesus ist das integrative und universale Denken viel stärker ausgeprägt. Und das wäre eine echt christliche Haltung.

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