Monthly Archives: Februar 2020

Sterbehilfe im Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Gestern hat das Bundesverfassungsgericht die Sterbehilfe für verfassungsgemäß beurteilt und sich dabei auf das Selbstbestimmungsrecht des Menschen berufen. Ich persönlich halte eine Sterbebegleitung (wie sie etwa die Palliativmedizin oder auch wir Seelsorger praktizieren) für sehr viel angemessener und hilfreicher. Vielleicht muss das noch sehr viel mehr ins Bewusstsein der Menschen gelangen, damit sie die zur Verfügung stehenden Alternativen zum Suizid erkennen.

Im Folgenden zitiere ich Stellungnahmen der christlichen Kirchen:

„Mit großer Sorge“ haben die katholische und evangelische Kirche in Deutschland die Entscheidung wahrgenommen. In einer gemeinsamen Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, heißt es außerdem: „Dieses Urteil stellt einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur dar.“ Sie befürchten, dass „die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen.“

Aus Sicht der Kirchen entscheiden sich an der Weise des Umgangs mit Krankheit und Tod grundlegende Fragen des Menschseins und des ethischen Fundaments der Gesellschaft. „Die Würde und der Wert eines Menschen dürfen sich nicht nach seiner Leistungsfähigkeit, seinem Nutzen für andere, seiner Gesundheit oder seinem Alter bemessen.“

Mit Bestürzung reagierte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). „Dieses Urteil ist ein tiefer Einschnitt für den Schutz des Lebens in unserem Land“, erklärte Präsident Thomas Sternberg. „Hier droht vielen Menschen statt der verheißenen Selbstbestimmung eine wachsende Fremdbestimmung am Lebensende.“ Dass die Selbsttötung als Dienstleistung verfügbar werde, habe nichts mit der Achtung der Menschenwürde zu tun. Sternberg verwies auf Entwicklungen in europäischen Nachbarländern mit liberalen Sterbehilfegesetzen: Dort sei der Zugang zu ärztlicher Suizidassistenz und aktiver Sterbehilfe kontinuierlich ausgeweitet worden.

Auch der Deutsche Caritasverband bedauerte das Urteil. „Sterbenskranke Menschen brauchen eine Begleitung, die ihre Ängste und Nöte und die ihrer Angehörigen ernst nimmt. Sie müssen alle mögliche Unterstützung erfahren, um würdevoll sterben zu können“, erklärte Präsident Peter Neher. „Sterbehilfe verstößt gegen die Menschwürde und gegen das christliche Menschenbild.“

Heftige Kritik an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Suizidbeihilfe übt auch die Deutsche PalliativStiftung. Karlsruhe setze die Selbstbestimmung der ohnehin Starken über den Schutz der Schwächsten, erklärte der Vorstandsvorsitzende Thomas Sitte am Mittwoch in Fulda. „Jetzt wird die Erleichterung der Selbsttötung für Kranke und Lebensmüde zur normalen Dienstleistung.“

 

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120 000 fehlende Pflegekräfte in Deutschland

Gestern wurde eine Studie der Universität Bremen veröffentlicht, nach der in Deutschland 120 000 Pflegekräfte fehlen. Maßstab ist dabei, dass eine Pflegekraft im Schnitt 1,8 Pflegebedürftige betreuen soll – bisher sind es 2,5. Durch die hohe körperliche und psychische Belastung gibt es beim Pflegepersonal einen deutlich erhöhten Krankenstand, außerdem einen hohen Anteil an Teilzeitarbeit und einen früheren Ausstieg aus dem Beruf.

Um all das aufzufangen, müsste der Personalstand von derzeit ca. 320 000 auf 440 000 steigen. Wichtig seien dabei weniger die Fachkräfte, sondern vielmehr die Pflegehilfskräfte, die etwa im Bereich der Körperpflege eingesetzt werden.

Dieser Notstand lässt sich sicher nicht schnell beheben. Die Ausbildung von Pflegehilfskräften dauert ca. zwei Jahre. Und vorher muss man die erst noch finden und zu diesem anstrengenden, fordernden und schlecht bezahlten Beruf motivieren. Andererseits gibt es gerade bei den Migranten eine ganze Zahl bereits ausgebildeter Pfleger. Deren Qualifikation wird aber bei uns oft nicht anerkannt. Auch Pflegekräfte aus dem Ausland (vor allem aus Osteuropa und Asien) sind vielleicht nur für uns eine Lösung, ziehen sie doch qualifiziertes Personal aus ihren jeweiligen Heimatländern ab.

Gleichwohl scheint es mir dringend, die oft hochmotivierten Pflegekräfte durch einen besseren Personalschlüssel zu entlasten und so für eine menschenwürdige Betreuung der Senioren zu sorgen.

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2. Impuls zur Fastenzeit 2020

Für die Impulse zur Fastenzeit 2020 nehme ich die alttestamentlichen Lesungen des diesjährigen Lesejahres A her.

Am 1. Fastensonntag ist das Buch Genesis dran, genauer: die ältere der insgesamt drei Schöpfungsgeschichten im Ersten Testament. Die Auswahl der Verse für die Lesung ist nicht besonders glücklich und exegetisch fragwürdig. So wird die freundliche Sorge Gottes für den Menschen verkürzt und stattdessen die Versuchungsgeschichte (die eine eigenständige Erzählung ist) angehängt.

Der Mensch in der Sicht des Jahwisten, der diese Erzählung verfasst hat: eine Mischung von Himmel und Erde, von irdischem Staub und göttlichem Atem. Mann und Frau als ebenbürtige und auf einander bezogene Partner. Es gab keinen Anlass für Scham, ihre Identität war noch nicht in Frage gestellt (was das Gefühl der Scham ja anzeigt), sie konnten sich unverstellt voreinander zeigen.

Da haben wir uns ziemlich weiter entwickelt. Heute leben wir nicht mehr im Paradies. Wir bewegen uns heute in realen und in virtuellen Räumen. (Gerade letztere sind Räume voller Beschämung, in chatrooms  benimmt man sich „ausg´schamt“ oder schamlos.) Das Geschlechterverhältnis ist heute geprägt von männlichem Chauvinismus und vom Machismo (nicht nur in Südamerika), Rollenzuschreibungen (meistens von Mänern an Frauen) gibt es bei uns wie in allen Kulturen. Gleichberechtigung ist noch weit weg, sei es bei den Löhnen, sei es bei der Pflege von Kindern oder Senioren, sei es in der Aufteilung alltäglicher Aufgaben. Auch in der katholischen Kirche ist da noch viel Luft nach oben.

Die Fastenzeit ist eine Zeit der Umkehr, des Umdenkens, der Verhaltensänderung. Die Schöpfungserzählung des Jahwisten (der heißt so, weil er für Gott den Namen „Jahwe“ verwendet) bietet da eine Zielvorstellung mit dem Menschen als von Gott versorgtem und geliebtem Wesen, mit der Ebenbürtigkeit von Frau und Mann, einem unverkrampften Umgang der Geschlechter untereinander.

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Der soziale Tod

Im Rahmen einer Lektüre bin ich auf den „sozialen Tod“ gestoßen.

Damit wird bezeichnet, wenn Menschen schon vor ihrem physischen Tod von ihrer Umgebung so behandelt werden, als wären sie schon gestorben.

  • Das geschieht, wenn Menschen etwa ins Seniorenheim übersiedeln und dann von ihrer Familie, ihren bisherigen Freunden oder Nachbarn nicht mehr besucht werden.
  • Das geschieht, wenn Menschen auf Grund einer Krankheit in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, nicht mehr aus dem Haus kommen und so die Kontakte geringer werden und schließlich ganz einschlafen.
  • Das geschieht, wenn Menschen im Alter „wunderlich“ werden und ihr bisheriges soziales Umfeld mit Rückzug reagiert.

Ich erlebe das ja immer wieder auch in meinem beruflichen und privaten Umfeld.

  • Ich bekomme es mit, wenn Menschen sich in einer neuen Umgebung kaum mehr einfinden können.
  • Ich bekomme es mit, wenn die nahen Bezugspersonen weniger werden durch Wegzug ogder Krankheit oder Tod.
  • Ich bekomme es mit, wenn Menschen (etwa in meiner Globussprechstunde) von Einsamkeit erzählen.

Ich weiß auch, dass es mitunter ganz schön herausfordernd und kraftzehrend ist, derartige Kontakte aufrecht zu erhalten. Ich sehe aber auch die Not, die im „sozialen Tod“ entsteht. Ich erlebe immer wieder auch, wie sehr diese Not gelindert werden kann – sei es durch einen Anruf, sei es durch einen Besuch, sei es durch eine Einladung. Manchmal braucht es gar nicht viel – und es ist doch so viel gewonnen dabei. Voraussetzung allerdings ist, für derartige Menschen und ihre Lebenssituation aufmerksam zu sein.

Heute hat mir etwa eine Person erzählt, dass ihre Aufmerksamkeit  das Leben einer alleinlebenden Seniorin gerettet hat, zu der sonst wohl wenige Menschen Kontakt haben. Ein wunderbares Beispiel dafür, wie soziale Kontakte nicht nur den sozialen, sondern auch den physischen Tod verhindern können!

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1. Impuls zur Fastenzeit 2020

Für die Impulse zur Fastenzeit 2020 nehme ich die alttestamentlichen Lesungen des diesjährigen Lesejahres A her.

Am Aschermittwoch ist der Prophet Joel dran. Er lebte wohl im 4. Jhd. vor Christus. Im 1. Kapitel berichtet er von einer Heuschreckenplage, die es aktuell grade auch in Afrika gibt – und wer die Bilder im Fernsehen gesehen hat, kann sich die Dramatik auch damals gut vorstellen. (zum Vergrößern einfach auf das Bild links klicken)

Das 2. Kapitel, dem die Lesung entnommen ist, schildert die Klage des Volkes über das Unheil. Das Fasten verbindet sich hier mit der Klage über das, was das Leben bedroht oder gar zerstört. Am Ende stehen das Erbarmen und die Leidenschaft Gottes und das Ende der Not als Verheißung.

Mich bewegt gerade in unseren Zeiten so vieles, worüber zu klagen ist: Krankheiten (Corona und viele andere, die weniger im Bewusstsein sind); Naturkatastrophen (Waldbrände, Überschwemmungen, Heuschrecken); Ungerechtigkeiten (die Schere zwischen Armen und Reichen geht immer weiter auseinander); politische Entwicklungen, die autoritäre und faschistische Bewegungen nach oben bringen; die gewalttätige Sprache, die zu gewalttätigen Handlungen führt; Gewalt als staatliches Mittel, um Bürgerbewegungen zu unterdrücken; innerkirchliche Reformblindheit und Machtverliebtheit etc.

Vielleicht ist da die Klage, zu der Joel seine Zeitgenossen aufgerufen hat, der Weg, aus dem Gefühl der Ohnmacht und der Hilflosigkeit herauszukommen. Und vielleicht erwächst ja aus der Klage auch genügend Kraft, um dann aktiv zu werden gegenüber den Missständen der kleinen und der großen Welt.

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„Wegweiser durch die digitale Welt“ für Senior*innen

Ich gebe einen Hinweis der bagso weiter. Bitte weisen Sie die älteren Menschen in Ihrer Umgebung auf diese Hilfe hin, wenn sie sich (erstmals) im Internet versuchen.

Ratgeber für erste Schritte im Internet

Neuauflage des „Wegweiser durch die digitale Welt –  für ältere Bürgerinnen und Bürger“ erschienen

Das Internet ist für die meisten aus ihrem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und doch sind zwölf Millionen Menschen in Deutschland noch offline – die meisten von ihnen 50 Jahre und älter. Der kostenlose „Wegweiser durch die digitale Welt – für ältere Bürgerinnen und Bürger“ der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ist ein leicht verständlicher Ratgeber für alle, die erste Schritte ins Internet machen wollen oder dort bereits unterwegs sind. Die Broschüre liegt nun in überarbeiteter und aktualisierter Neuauflage vor.

Der „Wegweiser durch die digitale Welt“ zeigt auf anschauliche Weise, welche unterschiedlichen Wege ins Internet führen. Er gibt einen Überblick über die Möglichkeiten des Internets und beantwortet zahlreiche Fragen: Wie halte ich online den Kontakt zu meiner Familie? Wie kaufe ich im Internet eine Fahrkarte oder buche eine Reise? Und wie bewege ich mich sicher im Netz? In der Neuauflage finden sich erstmals Kapitel zu den Themen „Digitaler Nachlass“ und „Unterhaltung im Netz“. Der Ratgeber kann auch in einer Hörversion bestellt werden.

Die Neuausgabe des 2008 erstmals erschienenen „Wegweiser durch die digitale Welt“ wurde vom Bundesministerium für Verbraucherschutz (BMJV) unterstützt und liegt in einer Auflage von rund 200.000 Exemplaren vor. In die Überarbeitung wurden ältere Verbraucherinnen und Verbrauchern ebenso wie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren einbezogen.  

Die Broschüre kann kostenlos über den Publikationsversand der Bundesregierung bezogen und im Internet heruntergeladen werden:

Per Post: Postfach 48 10 09, 18132 Rostock

E-Mail: publikationen@bundesregierung.de

Internet: www.bagso.de/publikationen

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Kleine Auszeit – ein Nachmittag für pflegende Angehörige

Der Seniorenpolitische Arbeitskreis der Stadt Neumarkt-St. Veit bietet einen Nachmittag für pflegende Angehörige an. Dabei ist nicht nur an die Angehörigen von Senioren gedacht, sondern ebenso an die von pflegebedürftigen Kindern. Für die Kinder gibt es ein spezielles Angebot, das von Silke Auer vom KBW in Mühldorf organisiert wird.

Für die Angehörigen sind kleine Stadtrundfahrten geplant, während die dementen Senioren betreut werden. Für die Betreuung werden noch 2-3 Betreuungskräfte gesucht (Kontakt: Ambulanter Pflegedienst Wegner GmbH &Co.KG, Tel: 08639/ 986174).

Außerdem gibt es Kaffee und Kuchen und um 15:00 Uhr einen Vortrag. Das Wichtigste wird jedoch der Austausch sein und die Auszeit von der Pflege. Beides dient dazu, wieder Kraft zu schöpfen und Mut zu bekommen sowie den Eindruck, dass es viele Menschen sind, die diese Situation meistern.

Der Termin für diese sehr empfehlenswerte Veranstaltung ist der Samstag, der 29. Februar 2020 von 14 – 17 Uhr im Kulturbahnhof Neumarkt-St. Veit.

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Freiheitsentziehung in der häuslichen Pflege

BAGSO und Betreuungsgerichtstag fordern höhere Hürden

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen und der Betreuungsgerichtstag (BGT) fordern, dass der Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen in der häuslichen Pflege mit höheren Hürden als bisher verbunden sein muss. Sie appellieren an den Gesetzgeber, den Schutz von Pflegebedürftigen vor dem Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen zu Hause zu stärken. Auf keinen Fall dürfen Bettgitter und Fixiersysteme zur „Erleichterung der Pflege“ eingesetzt werden. Unter dieser Überschrift werden die Hilfsmittel derzeit im Katalog des GKV-Spitzenverbandes geführt. Die BAGSO und der BGT fordern dringend, die sachlich falsche und unangemessene Verbindung von Bettgittern und Fixiersystemen zur „Erleichterung der Pflege“ aufzuheben.

 Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege sind immer ein starker Eingriff in die Menschenrechte von Schutzbedürftigen. Deshalb dürfen sie in stationären Einrichtungen nur mit gerichtlicher Genehmigung eingesetzt werden (§ 1906 Abs. 4 BGB). Dies gilt bislang jedoch nicht für die häusliche Pflege. Fixiersysteme und Bettgitter sind frei verkäuflich und auf Anordnung des Arztes werden sie von den Krankenkassen ohne weitere Auflagen bezahlt. Insbesondere der Einsatz von Fixiersystemen, bei denen die Bewegung von Armen, Beinen und Kopf mit Gurten unterbunden werden kann, ist zudem mit einer hohen Verletzungsgefahr verbunden. Er bedarf daher der ständigen Aufsicht durch geschultes Personal. Dies kann in der häuslichen Pflege in der Regel nicht sichergestellt werden. Die BAGSO und der BGT fordern deshalb eine Regelung, die für Fixierungen in der häuslichen Pflege klare Anforderungen stellt und einen Erwerb dieser Hilfsmittel ohne Rezept ausschließt.

Meine Meinung dazu:

Dass freiheitsentziehende Maßnahmen der richterlichen Anordnung bedürfen, habe ich gewusst. Nicht gewusst habe ich, dass solche „Hilfsmittel“ im Verkauf angeboten und sogar von den Krankenkassen bezahlt werden. Insofern unterstütze ich den Protest der bagso gegen diese Regelung.

 

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