In der letzten Zeit beschäftige ich mich sehr mit den Geschichten, die Menschen über sich und ihr Leben erzählen. Gerade bei Senioren (den Männern) taucht recht schnell das Thema „Krieg“ auf als eine prägende, oft traumatisierende Erfahrung ihres Lebens. Ich habe es noch nie erlebt, dass in meinem Beisein der Krieg glorifiziert worden ist.
Dabei ist mir aufgefallen, dass Frauen kaum über den Krieg erzählen. Erst als ich gefragt habe, berichteten sie von ihrer Angst vor den Bombenangriffen, von der Angst um die Männer/ Väter in der Familie. Sie berichteten von Not und Entbehrung und der täglichen Suche nach Essen. Sie berichteten von Flucht und Vertreibung. Sie berichteten von der Erfahrung des Ausgeliefertseins. Das scheint mir die weibliche Seite von Krieg zu sein.
Allerdings scheint diese weibliche Seite ziemlich in Vergessenheit zu geraten, denn sie wird kaum öffentlich erinnert. Aber was geschieht, wenn wir diese leidvolle Seite übersehen, wenn sie nicht dokumentiert und bewahrt wird? Was geschieht mit unserer Gesellschaft, wenn wir nicht die gesamte Kriegserfahrung im Blick haben, wenn die eine (männliche) Seite ein starkes Gewicht hat und die andere (die weibliche) übersehen, vielleicht sogar aktiv verdrängt wird?
Bei meinen letzten Veranstaltungen habe ich bei den Frauen ein großes Bedürfnis – vielleicht sogar so etwas wie einen Drang zum Erzählen gemerkt. Es brauchte gar nicht viel an Anstoß und dann kamen schon schreckliche, ängstigende, verstörende Berichte. Es kamen aber auch Erzählungen darüber, wie sie das alles gemeistert und bestanden haben, was und wer geholfen hat, wie es (allmählich) wieder aufwärts gegangen ist.
So nehme ich mir vor (und rege andere dazu an), ein Forum zu bieten für diese Lebensgeschichten.