Monthly Archives: Januar 2014

Nachdenken über die demenzfreundliche Gemeinde

In den kommenden Jahren werden die zu pflegenden Menschen in ihrer Zahl rapide ansteigen – ein guter Teil davon mit einer Demenzerkrankung. Die Pflege wird in zunehmendem Maße von Angehörigen zu leisten sein (mit Unterstützung durch ambulante Pflegedienste). Da die Angehörigen aber 1) nur begrenzt zur Verfügung stehen und 2) über kurz oder lang auch an die Grenze der Belastbarkeit gelangen, werden kommunale, pfarreiliche und auch nachbarschaftliche Hilfen unumgänglich sein. Wie können wir jetzt schon damit beginnen, aus unseren Gemeinden demenzfreundliche Gemeinden zu machen?

Darüber will ich in diesem Jahr intensiver nachdenken und mit verschiedenen Akteuren in der Seniorenarbeit ins Gespräch kommen.

Ich denke z. Zt. stark an die Integration von Demenzkranken. Bei der „aktion demenz e. V.“ hat Prof. Klie darauf hingewiesen, wie notwendig es für Demenzkranke ist, dazu zu gehören. Er sagt:

    • „Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig für einen Menschen, dass er für andere Bedeutung hat. Das macht einen psychisch gesund oder zumindest kränkt uns das nicht. Und das, glaube ich, ist ja im übrigen eine der ganz großen Gefahren, dass Menschen Angst haben, nicht mehr dazu zu gehören, für andere nicht mehr bedeutsam zu sein und sich deswegen möglicherweise auch darüber Gedanken zu machen, wie sie ihrem Leben ein Ende bereiten können. Die ganze Patientenverfügungsdiskussion ist ja davon geprägt, dass Menschen keine Zuversicht mehr haben, dazu zu gehören. Das gilt gerade unter der Perspektive der Demenz.“
      • (Prof. Dr. Thomas Klie, Evangelische Hochschule Freiburg)

Ich kann mir vorstellen, dass es immer wieder mal Begegnungsmöglichkeiten mit Demenzkranken gibt. Z. B. mal ein Gottesdienst für die an Demenz Erkrankten und ihre Angehörigen. Das könnte sie aus dem Ghetto der Isolation herausholen und in einer wohl über viele Jahre hinweg vertrauten Umgebung so etwas wie eine alte Heimat spürbar werden lassen.

Ich werde im Lauf der Zeit immer wieder mal meine Ideen und Gedanken auf dieser home-page veröffentlochen. Gerne lade ich Sie ein, mir Ihre Gedanken und Ideen mitzuteilen – sei es als Antwort auf diesen Artikel, sei es mündlich, telefonisch und auch schriftlich. Ich meinerseits möchte in den Gremien, in denen ich bin, meine Überlegungen diskutieren.

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Ältere Asylbewerber

In der vergangenen Woche war bei unserer Dekanatskonferenz für alle Seelsorger im Landkreis Mühldorf der Caritasdirektor von München Hans Lindenberger. Er stellte die Situation der Asylbewerber dar, die unter vielerlei Schwierigkeiten zu leben haben. Bis zu ihrer Anerkennung dauert es lange, sie dürfen in dieser Zeit nicht arbeiten oder einen Deutschkurs machen. Wenn sie nicht anerkannt werden, werden viele geduldet, weil eine Rückführung in ihr Herkunftsland schwierig ist. Aber sie müssen dann die Unterkunft verlassen – ohne Arbeit ein schwieriges Unterfangen. Arbeit bekommen sie erst, wenn sich für die freie Stelle (oft gering entlohnt) kein Deutscher findet. Bis das Verfahren durch ist, ist der Job oft schon weg.

Noch schwerer ist es für die vielen unbegleiteten Kinder, die ohne die Fürsorge ihrer Eltern auskommen und sich zurecht finden müssen. Sie werden seit jüngster Zeit wenigstens in Jugendeinrichtunggen therapeutisch begleitet, denn sie haben oft heftigste traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.

Noch gar nicht im Blick sind die älteren Asylbewerber, wie ich im Gespräch mit Frau Nagl, der Einrichtungsleiterin in der Gemeinschaftsunterkunft in Mühldorf bemerkt habe. Sie werden vermutlich bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit und auch Berentung deutlich schlechter gestellt sein. Wie kann eine Gesellschaft diesen Menschen zur Seite stehen? Vieles an Not wird traditionell in den dortigen Familien geleistet. Was aber, wenn die an die Grenze ihrer Belastbarkeit (finanziell, emotional, kräftemäßig) kommen? Hier werden wir allmählich zu denken anfangen müssen. Problematisch fände ich es, wenn diese Menschen gegen die Belastungen von deutschen Pflegenden ausgespielt würden. Beide haben ihre Begrenzungen, mit beidem gilt es, menschenfreundlich umzugehen.

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Zur Forsa-umfrage über Sterbehilfe

Heute wird in der Zeitung über eine Umfrage der DAK berichtet, die das Meinungsforschungsinstitut forsa erhoben hatte. (Zu finden auf der homepage der DAK). Nach dieser Umfrage wollen 70 % der 1005 Befragten die Möglichkeit zur aktiven Sterbehilfe haben, also beispielsweise auf ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung zurückgreifen können. Interessanterwesie ist der Anteil der Befürworter bei den über 60-jährigen mit 67 %  am geringsten (gegenüber etwa 74 % der 45- bis 59-Jährigen). Die Älteren haben auch weitaus am häufigsten eine Patientenverfügung, sie haben sich wohl am intensivsten mit den Fragen nach schwerer und unheilbarer Krankheit auseinandergesetzt.

Wichtig in der Bewertung der Umfrage, die nur vier Fragen umfasst, ist dabei, wie gefragt wurde. Insgesamt fühlen sich nur 43 % gut (35%) bis sehr gut (8%) informiert – mehr als die Hälfte also schlecht (41%) bis gar nicht (16%). Ob man tatsächlich gut informiert ist, wird nicht erfragt. Die 3. Frage lautet: „Im Falle schwerer Krankheit möchten sie selbst die Möglichkeit haben, auf aktive Sterbehilfe zurückzugreifen.“ Es wird gar nicht gefragt, was unter „schwerer Krankheit“ verstanden wird. Auch über die Bedeutung des Wortes „aktive Sterbehilfe“ fällt kein Wort und schon gar nicht wird das Wort „Sterbebegleitung“ als Alternative zur Sterbehilfe ins Feld geführt.

Ich meine, dies ist eine Verkürzung, die nicht akzeptiert werden kann. Andere Umfragen belegen, dass Menschen, die um die Möglichkeit einer guten Schmerztherapie wissen; die Palliativmedizin und Hospizbegleitung kennen; die in einem stabilen sozialen Umfeld leben weit aus weniger häufig die Sterbehilfe (d.h. die aktive, medizinisch unterstützte Hilfe zum Sterben) als vielmehr die Sterbebegleitung (d.h. die schmerzfreie oder wenígstens schmerzarme Begleitung durch Angehörige, Seelsorger, Hospizbegleiter, Ärzte und Pflegepersonal etc beim Sterben) bevorzugen.

Ich meine, dass es unsere Aufgabe zunächst wäre, sachliche Informationen zu geben, wie es z. B. bei uns im Landkreis durch den Anna-Hospiz-Verein geschieht.  Dann ist es sicher auch eine kirchliche, aus unserem Glauben und dem christlichen Menschenbild getragene Aufgabe für die Gemeinden und Kirchen, Menschen in der letzten Lebensphase nicht allein zu lassen. Menschen, die aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen, sind beim Sterben allein (nur bedenkt das niemand!), denn wer auch immer dabei ist, ist zur Hilfeleistung und zur Lebensrettung verpflichtet.

Wer sich genauer und auch in der kontroversen Diskussion informieren möchte, empfehle ich das Buch: „Würdig leben bis zuletzt“, in dem alle möglichen und höchst unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven zusammengetragen sind.

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Zur aktuellen Diskussion über Sterbehilfe vs. Sterbebegleitung

Ich verfolge grade mit Interesse die aktuelle Diskussion über Sterbehilfe im Gegensatz zur Sterbebegleitung.  Vor allem Franz Müntefering macht sich stark für die Begleitung Schwerstkranker durch Palliativmedizin und Hospizbegleiter. Dies scheint mir auch der bessere Weg zu sein statt einer vermeintlichen Selbstbestimmung auch über das Sterben das Wort zu reden.

Es ist sehr nachvollziehbar, dass Menschen Angst vor dem Tod haben und dass die Unsicherheit groß ist, wie das geht und was danach kommt. Ich verstehe auch das Bedürfnis der Menschen nach Kontrolle, besonders in Situationen, die sich der Kontrolle entziehen, wie es der Tod nun einmal ist. Ich verstehe, dass Selbstbestimmung ein hoher Wert ist, den wir immer in unserem Leben verwirklichen wollen – und warum nicht auch im Sterben? Ich verstehe, dass Menschen Schmerzen vermeiden wollen und Leiden verringern.

Aber die moderne Palliativmedizin kann Schmerzen auf ein erträgliches Maß reduzieren und Angstzustände verringern. Hilfreich sind dabei die Medikamente. Noch hilfreicher scheint es mir zu sein (aber nicht als Alternative, sondern als Ergänzung), wenn sterbende Menschen begleitet werden, wenn sie zuverlässige und vertraute Menschen an ihrer Seite haben. Diesen Dienst zu leisten, ist freilich hoch anspruchsvoll, er kostet Kraft, er kostet Überwindung, er kostet Zeit, er kostet Emotionen. Er lässt sich oft nicht in Geld berechnen, er liegt sozusagen quer zum marktwirtschaftlichen Denken des „normalen“ Alltags. Ich meine, dieser Dienst weist unsere Gesellschaft als eine humane, menschliche Gesellschaft aus.

Es ist für mich nicht eine Frage, ob wir uns Sterbebegleitung leisten können, sondern ob wir uns das leisten wollen – und zwar weniger finanziell, sondern eher ethisch. Was passiert denn mit unserer Gesellschaft, mit unserem Verständnis vom Menschen, wenn wir die Haltung zum Tod verändern? Wenn der Tod das unwillkommene, verpönte, beschämte, versteckte und beängstigende Ende ist statt der Lebensvollendung, in der die Angst mitgetragen wird, die Schmerzen miteinander ausgehalten werden, auch die Hoffnung geteilt wird?

Vielleicht klingt das ein wenig idealistisch und sicher ist es hoch anspruchsvoll, besonders in unserer sich wandelnden, auf Mobilität und Verfügbarkeit setzenden Welt. Ich denke aber, auch die Sterbenden und Schwerkranken haben für unsere Gesellschaft eine Bedeutung, weil sie den radikalen Gegenentwurf zur Leistungsgesellschaft bieten. Weil sie uns deutlich machen, dass nicht Vermögen und Geld, sondern Beziehung und Bindung wichtig sind, weil die uns im Leben und auch im Tod tragen können und so alles erträglich machen können.

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Aktualisierte Liste vom Hilfenetzwerk für pflegende Angehörige

Ich habe heute wieder einmal eine neue Aktualisierung meiner Liste vorgenommen, in der alle möglichen Unterstützer für pflegende Angehörige aufgeführt sind. Es finden sich auf dieser Liste Adressen vom Landratsamt Mühldorf, der Seelsorger, von Pflegediensten und Nachbarschaftshilfen, Fahrdienste und Betreuungsangebote etc..

 Heute habe ich zwei Fachstellen für pflegende Angehörige dazugefügt, die das BRK (Bayerisches Rotes Kreuz) in Altötting und Töging anbieten. Die Liste ist bei mir zu bekommen – einfach eine Mail schreiben an MTress@eomuc.de

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Gedanken zur Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Mühldorf

In der heutigen Ausgabe des „Mühldorfer Anzeiger“ wird über die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Mühldorf berichtet. Demnach wird der Anteil der älteren Bewohner deutlich ansteigen. In der Altersgruppe von 60 bis unter 75 Jahren von 18100 (im Jahr 2015) auf knapp 25000 im Jahr 2031 und in der Altersgruppe ab 75 von 11200 bis auf 14500. Alle anderen Altersgruppen sinken.

Was bedeutet das? In den kommenden Jahren werden weniger Menschen zur Verfügung stehen, die sich um die mehr werdenden Älteren kümmern können. Die an sich schon hohe Belastung verteilt sich auf noch weniger Schultern. Wahrscheinlich gibt es also einen erhöhten Bedarf an ambulanter und auch an stationärer Pflege. Diese Einrichtungen klagen jedoch jetzt schon über Personalmangel, der sich auch nicht so schnell qualifiziert ausgleichen lässt.

Ich meine, hier wächst eine Aufgabe für die Kommunen und für die Kirchen sowie andere Träger des gesellschaftlichen Lebens heran. Es wird sehr viel mehr auf ein nachbarschaftliches und ehrenamtliches Engagement ankommen, als wir uns das bisher vorstellen können.  Die Weichen dafür können wir jetzt schon legen – oder aber später hinterher hecheln. Ich denke etwa an Unterstützungstrukturen, Selbsthilfegruppen, ein wacheres Bewusstsein für die Menschen in der örtlichen Umgebung. Sicher etwas, das im Dorf (noch) relativ gut funktioniert. In den größeren Gemeinden und Städten bestimmt eine anspruchsvollere Aufgabe. Ich meine, an dieser Aufgabe wird sich auch unser christlicher Glaube bewähren können in der tätigen Sorge um die Bedürftigen in der Nähe. „Nah am Nächsten“ kann nicht nur das Motto der Caritas sein, es wird das Gemeindeleben generell bestimmen müssen, wenn wir ein würdevolles Altern ermöglichen wollen.

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