22. November 2022 · 08:04
Der Advent ist eine Sehnsuchtszeit. Sehnsucht nach einem vollkommenen Leben. Und zwar für alle, nicht individualistisch. Ich möchte für die Adventssonntage den Blick auf die großen Themen unserer Zeit legen und Impulse aus dem Glauben suchen.
1. Adventssonntag: Gesundheit
Seit knapp drei Jahren hält uns „Corona“ in Atem. Diese Krankheit überdeckt aber so viele andere Krankheiten, unter denen Menschen auch leiden und leben. Aber Corona hat uns allen (?) bewusst gemacht, welch vielfältige Dimension eine auch noch so kleine Erkrankung haben kann. Sie isoliert von anderen Menschen (und sei es auch „nur“ ein Fieber, das uns ins Bett zwingt) – sie beeinträchtigt das seelische Wohlbefinden– sie erfordert manchmal eine Umstellung der Lebensweise – sie bringt manchmal auch eine Frühverrentung mit sich einschließlich aller finanziellen Folgen – sie drängt manchmal zu einem Lebensrückblick ….
In der Bibel wird Krankheit nie verschwiegen. Sie ist ein fester Bestandteil menschlichen Lebens. Die sog. „Gottesknechtlieder“ im Jesajabuch handeln von einem „Mann der Schmerzen, mit Krankheit vertraut“. Darin können sich auch heutige Menschen wiederfinden, etwa in der Verachtung und Verlassenheit.
Bei mancher Erkrankung haben wir heute ein anderes Verständnis von Krankheit. So interpretieren wir heute Krankheit nicht als mehr Schuld oder als Strafe (Gottes). Das ist eigentlich mit dem Buch Hiob passé, als Gott selbst sich gegen diese Deutung ausspricht. Wir reden ebenfalls nicht mehr von Dämonen und Besessenheit, wenn es um psychische Erkrankungen geht.
Die Bibel erzählt auch davon, wie man mit einer Krankheit leben kann. Die „blutflüssige Frau“ (Mk 5, 25ff) etwa hat alles unternommen und trotz der Erfolglosigkeit aller Maßnahmen ihren Lebensmut und ihre Zuversicht nicht verloren. Der Gelähmte am Teich von Betesda (Joh 5) hat auch nach 38 Jahren immer noch Hoffnung auf Heilung. Jesus wird vor allem im Lukasevangelium als Arzt vorgestellt, der viele Kranke heilt. Darin liegt ihre Hoffnung.
Dass alle Krankheiten beseitigt werden, ist eine Hoffnung, die sich nicht in diesem Leben erfüllen wird. Aber der Blick auf die Resilienz, die in der Bibel ausgedrückt und erzählt wird, kann vielleicht die Hoffnung stärken, dass auch ich Heilung (in einem sehr viel umfassenderen Sinne, das Zweite Testament spricht von „Rettung“) erfahren werde. Etwa in der Solidarität von Menschen in meinem Umfeld. Oder in der Erfahrung, dass ich für andere wichtig bin (in dem, wie ich mit meiner Krankheit lebe). Oder in der Kraft, die mir doch immer wieder – wenn auch vielleicht nur kurzfristig – zukommt.
Als gesunder Mensch kann das Beispiel Jesu mir helfen, mich den kranken Menschen um mich herum mit Aufmerksamkeit, Freundlichkeit, Wohlwollen und Geduld zuzuwenden. Vielleicht schon in der ersten Adventswoche.