6. April 2025 · 05:46
Fünfte Woche
Heute kommt die bekannte „Versuchungsgeschichte Jesu“ in Mt 4.
Jesus ist frisch getauft, seine Bestimmung ist offenbar, nach Matthäus allen Umstehenden, die die Stimme hören. Bei Markus und Lukas ist es lediglich Jesus, der diese göttliche Stimme vernimmt. Jetzt könnte eigentlich er einen Triumphzug starten, jetzt könnte Jesus voller Selbstbewusstsein sein öffentliches Wirken beginnen. Stattdessen: Rückzug in die Wüste, dem Ort des Lebensfeindlichen, dem Ort der Beschränkung auf das Wesentliche, dem Ort der absoluten Reduktion. Markus schreibt, er lebt unter den wilden Tieren. Matthäus und Lukas lassen die wilden Tiere weg und führen stattdessen den Teufel ein.
Es scheint so, dass Menschen durch das Fasten gspüriger werden für das Wilde, für das Animalische, nicht nur im Außen, sondern auch im Inneren. Vielleicht auch, dass sie verletzlicher werden gegenüber dem Außen und gegenüber dem Innen. Dass sie schutzbedürftiger werden.
Darin – in der Verletzlichkeit und der Schutzbedürftigkeit, dem Ausgesetzt sein – liegt der Urgrund für die Versuchungen. Man/ frau ist schnell bereit, diese „schwache“ Seite zu verdrängen, beiseite zu schieben, zu überdecken.
Als erste Versuchung benennen die Evangelisten den Hunger. Das kann der wörtliche Hunger sein, das kann auch der Hunger im übertragenen Sinne sein: Hunger nach Liebe, Hunger nach Anerkennung, Hunger nach Dazugehören …
Hungrige Menschen schlucken so manche Kröte. Das ist bei uns das Bild. In den Evangelien sind es sie Steine. Sie sollen zu Brot werden. Lebensuntaugliches soll zum Lebensmittel werden.
Wer schon einmal lange gefastet hat (bei Jesus ist es die symbolische Zahl von 40 Tagen, die eine Vollendung ausdrückt), weiß, dass man dann langsam wieder aufbauen muss, um den Körper nicht zu überlasten. Wenn man zu schnell wieder „reinhaut“, liegt einem das Brot wie ein Stein im Magen mit entsprechenden Nachwirkungen.
Als Jesus dieser ersten Versuchung widersteht, kommen (in unterschiedlicher Reihenfolge bei Mt und Lk) Macht und Göttlichkeit daher. Gerade in unseren Tagen erfahren wir, wie stark die Versuchung zur Macht ist und wie sich Politiker und Tech-unternehmer als göttlich inszenieren und damit ihre Menschlichkeit verlieren. Lächerlich wirken. Und zu Bedrohung werden für viele andere.
Das Fasten Jesu dient also hier der Klärung der eigenen Berufung. Der eigene Lebensweg liegt vor ihm als Möglichkeiten – gerade mit seiner Berufung am Jordan im Hinterkopf, im Herzen. Der Rückzug in die Wüste und die Reduktion auf das Wesentliche aber hilft ihm, seine Sendung klarer zu erkennen und zurückzukehren an seinen Ursprung: nach Galiläa. Von dort aus beginnt er (nach Mt und Mk) seine öffentliche Wirksamkeit mit dem Ruf: „Denkt nach!“ (was bei uns übersetzt wird mit: „Kehrt um!“).
Fastenzeit bei uns heute, im Jahr 2025:
- Sie kann uns in Kontakt bringen mit der eigenen Verletzlichkeit, der eigenen Bedürftigkeit und auch mit dem Wilden in uns.
- Sie kann den Impuls in sich tragen, nachzudenken über das, wie unser bisheriger Lebensweg war. Was uns weitergebracht hat, wer uns dabei unterstützt hat, was unserem Leben Sinn und Erfüllung gegeben hat.
- Und sie kann den Impuls setzen, darüber nachzudenken, was ich tun kann, wie ich leben kann, um ein Mehr an Leben zu gestalten, zu erfahren, zu bekommen. Für mich selber und auch für die vielen Hungernden in dieser Welt.