Wintersonnwende
Wir sind kurz vor der Wintersonnwende. Das war in vielen Kulturen ein besonderer Zeitraum. Man hatte im Bewusstsein bzw. im Gespür, dass sich etwas im Leben wendet. Nicht nur im Sonnenlauf. In diesem Zeitraum hatte man ein größeres Bewusstsein für das Wirken dunkler Mächte in der Welt, man verspürte vermehrt Ängste und Befürchtungen, versuchte, dem mit Beschwörungsriten zu begegnen. Auch das christliche Weihnachtsfest verdankt seine Terminierung einem solchen Fest, der römischen Feier des „sol invictus“, dem unbesiegten Sonnengott. Ihm hatte Kaiser Aurelian im Jahr 274 (und zwar am 25. Dezember) einen Tempel bauen lassen und den Sonnengott zum Reichsgott erhoben. An diesem Tag wurde dann auch die Neugeburt des Sonnengottes gefeiert.
Später haben die Christen dieses Fest wohl zum Anlass genommen, die Geburt Jesu zu feiern.
Die Wintersonnwende ist also schon lange als eine Zeit des Umbruchs und des Neuanfangs erlebt und begangen worden. Eine Übergangszeit von etwas Altem zu etwas Neuem. Mit Ängsten und Hoffnungen, mit Vorsicht und Zuversicht, mit Ohnmacht und Macht. Diese Macht bestand in Ritualen und in einem größeren Bedürfnis nach intensiverem Kontakt, nach Zusammensein, nach Nähe. Oft verbindet sich damit auch ein Wunsch nach mehr Licht, das die Dunkelheit erhellt. Welches das Unbekannte der Zukunft ein wenig sichtbarer werden lässt. Welches ein wenig mehr Sicherheit bietet in unsicheren Zeiten und Orientierung für den Weg, der vor einem liegt. (Bei uns heute hat sich die Funktion der Rückschau und der Vorschau ein wenig verlagert auf den Silvesterabend mit Feuerwerk und guten Vorsätzen. Da ist der Tag auch schon ein wenig länger.)
Aber die Wintersonnwende regt dennoch zur Überlegung an:
- Was war gut im letzten Jahr, wofür bin ich dankbar?
- Was soll sich ändern in der Welt und in meinem Leben?
- Was will, was kann ich verändern?
- Was ist mein Ziel, wo will ich hin in meinem Leben?
- Was ist mir wichtig, welche Werte, welche Beziehungen?
- Wo brauche ich Zuspruch, Ermutigung, Bestärkung?
- Woher kommt mir das zu?
- Wer kann mir Hilfe sein?
Bei der Wintersonnwende sind es noch ein paar Tage bis Weihnachten. Christlich gesehen ist es der Tag, die Nacht, in der Gott zur Welt kommt. In ihm auch die Verheißung von Heilung und Heil. Das Licht für die Welt mit ihren Dunkelheiten.