Die Einsamkeit von Senioren

Immer wieder werde ich mit der Einsamkeit von Senioren konfrontiert – sei es im Seniorenheim, wo manche Menschen sehr nach einem freundlichen Wort, einem kurzen Ratsch oder auch nach einem intensiveren Gespräch lechzen. Oder sei es auch mit Menschen, die daheim leben und dort vereinsamen. Aber: nicht jeder Alleinlebende ist auch einsam wie umgekehrt auch nicht jeder, der einsam ist, allein lebt. Einsamkeit  bedeutet eher, dass ich nicht in dem Maße und in der Intensität Kontakte habe, wie ich sie mir wünsche oder wie ich sie brauche. Die Einsamen sind statistisch gesehen wenige, aber ihre Not ist groß, zumal sie nur selten Wege aus der Einsamkeit heraus finden.

Ich sehe manchmal Menschen, die zum Einkaufen gehen und zwar nicht, weil sie etwas – eine Ware – brauchen, sondern weil sie Kontakt brauchen. So gehen sie täglich, manchmal auch mehrmals am Tage, zum Einkaufen, um wenigstens an der Kasse ein menschliches Wort zu wechseln oder um gesehen zu werden. Manche Senioren sind unter der Woche gut beschäftigt, haben viele Aktivitäten und Aufgaben, aber am Wochenende fehlt dann doch der Partner. Manche gehen regelmäßig in ein Cafe oder in Veranstaltungen, wo sie unter Leuten sind. Aber ein innigerer Kontakt, gar eine Beziehung, mag nicht aufkommen.

Einschnitte, die in die Einsamkeit führen, sind der Auszug der erwachsenen Kinder oder dann auch der Tod des Partners. Männer gehen danach allerdings schneller wieder eine Bindung ein als Frauen. Auch der Freundeskreis verkleinert sich durch Immobilität, Pflegebedürftigkeit oder Tod. Manche früheren Hobbies kann man nicht mehr so gut ausüben, manchmal fehlt der rechte Schwung dazu. Dann braucht es vielleicht eine Anstoß von außen – den Nachbarn, den Freund, jemand aus dem Dorf.

Ich glaube, es wird zunehmend notwendig im wahrsten Sinn des Wortes werden, einen geschärften Blick für Menschen zu entwickeln, die vereinsamen. Etwa wenn sie nicht mehr in den Seniorenclub kommen, wenn sie nicht mehr am Sonntag in der Kirche auftauchen, wenn sie sich zurückziehen und auch an den Vereinen oder Veranstaltungen nicht mehr teilnehmen. Das ist eine Aufgabe für jeden Menschen, vielleicht besonders aber für eine Kirchen- oder politische Gemeinde.

Ich glaube auch, dass es manchmal nur kleiner Anstöße braucht: „Kommst du mit zu …“ – „Wollen wir was miteinander tun?“ – „Ich habe Lust zu …. Machst Du mit?“ Ich glaube auch, dass die Vereinsamenden eigene Initiative ergreifen können wie etwa die Frau, die die Vergissmeinnichtaktion angeregt hat (siehe Mühldorfer Anzeiger). Ich möchte eine Wandergruppe von Männern erwähnen, die sich vor Jahren zusammengefunden hat. Ich möchte eine Telefonkette erwähnen, wo sich acht Senioren täglich zur festgesetzten Zeit reihum anrufen, bis der letzte wieder den ersten spricht. So wissen alle acht, dass es jedem gut geht und jeder hat die Möglichkeit zum Gespräch.

Schön wäre es, wenn es insgesamt eine größere Sensibilität  für diese versteckten Lebenssituationen gibt.

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