Fast gleich alt wie Jesus – und doch eine Gestalt des Advent. Von ihm erfahren wir in den Lesungen nahezu ausschließlich in dieser Vorweihnachtszeit. Sehr bekannt ist auch die Darstellung von Matthias Grünewald mit dem überlangen ausgestreckten Finger. Mit diesem Fingerzeig öffnet er den Menschen die Augen und Ohren und das Herz für den anderen.
Johannes ist ein lebendiges Beispiel für einen Menschen, der sich selbst wichtig, aber nicht zu wichtig nimmt. Der was zu sagen hat und doch nicht das letzte Wort haben muss. Der in der Öffentlichkeit auftritt und dann auch wieder in den Hintergrund zurückzutreten vermag.
Vor allem ist Johannes einer, der etwas erwartet. Der etwas vom Leben erwartet, der etwas von Gott erwartet. Und zwar nichts Geringes: dass Gott in unsere Welt kommt und diese Welt „heil“ macht, heilt und heiligt. Er erwartet das auch noch, als seine ganz persönliche Welt alles andere als heil ist: voller Konflikte, voller Auseinandersetzungen, bis hinein ins Gefängnis und den Tod. Seine – Johannes´- Vorstellungen von „Heil“ waren wohl größer als es dieses Leben ist.
Matthias Grünewald zeigt das auch in seinem Isenheimer Altar. Der Johannes mit dem langen Zeigefinger deutet nämlich auf den Gekreuzigten. Das entspricht zwar nicht den biblischen Zeugnissen, trifft aber die theologische Aussage: im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung (wie die Kirche am Karfreitag singt). Und auch in manchen Krippendarstellungen finden wir schon das Kreuz im „Herrgottswinkel“ des Stalles zu Bethlehem.
Damit will ich nicht das Leiden glorifizieren. Man muss den Finger in die Wunde legen, es gehört angeprangert und bekämpft. Die Kraft dazu kann jedoch daraus kommen, dass man weiter schaut und so der göttlichen Zusage (wenigstens im kleinen Rahmen, wenn der größere nicht möglich ist) Raum verschafft.