Das Erzbistum München und Freising hat eine Studie erstellen lassen. Darin wurde die Bindung der Menschen an die Kirche untersucht. Die gute Nachricht: die meisten fühlen sich der Kirche noch verbunden. 16% bezeichnen sich als kirchennahe Gläubige, 45 % sehen sich der Kirche kritisch verbunden. Das macht Hoffnung. Allerdings bedeutet es meiner Meinung auch, dass wir uns als Kirche den kritischen Fragen der Menschen stellen müssen, dass wir ins Gespräch kommen bzw. im Gespräch bleiben müssen, dass wir damit auch für deren Anregungen offen werden/ bleiben müssen. Als Bindeglied dient dabei der Glaube der Menschen. Hier suchen sie zum einen Antworten, zum anderen wohl auch (eine Art) Beheimatung, etwa bei den Gottesdiensten zu Weihnachten und Ostern. Das könnte für uns als Kirche ein Potenzial sein, wenn wir es denn nutzten. Dazu gehört eine qualitative und ästhetische Gestaltung sowohl der Gottesdienste wie der verbalen und emotionalen Ansprache der Menschen, die die Menschen mit ihrem Leben berührt.
Ich habe mal selbst verschiedene Menschen befragt (nicht repräsentativ, aber dennoch erhellend), was für sie „Seelsorge“ bedeutet. Fast durchgängig kam die Antwort: präsent sein – nah am Menschen und seiner Lebenswirklichkeit – zuhören. Ich erfahre immer wieder, dass Menschen weniger Antworten suchen als vielmehr ein Ohr für ihre Gedanken, Erfahrungen, Freuden und Leiden. Dass jemand da ist, der auch Schweres aushält und im Zuhören mitträgt. Der sozusagen „Zeuge“ wird für ihr Leben. Von einem Seelsorger erwarten die Menschen auch, dass er sozusagen eine Verbindung herstellt zu Gott/ dem Göttlichen – sei es im Gebet, im Gottesdienst, im Ritual (etwa eines Segens).
Zurück zur Studie: Veröffentlicht wird in der Presse auch, wie es mit dem Vorhaben eines Kirchenaustrittes aussieht: Auch da verfügen wir über ein ziemlich großes Potenzial: 59% haben keine Kirchenaustrittsneigung, 21% eine niedrige. Bei vielen spielt die eigene familiäre und biografische Prägung eine Rolle, bei manchen auch lediglich die Bequemlichkeit, die den Austritt verhindert. So verstehe ich das grade nicht als Impuls, dass wir uns gemütlich zurücklehnen, sondern dass wir dieses Potenzial nutzen, um nah an den Menschen zu sein, dass wir ihre Lebenswirklichkeit erfahren und in unser Kirchenleben integrieren. Das könnte unserer Verkündigung in Wort und Tat und Erscheinungsbild nur gut tun!