Gedanken zur Fastenzeit (6)

Jetzt – in der Karwoche – möchte ich einen Gedanken von Simone Weil vorstellen. Simone Weil lebte von 1909 – 1943. Sie hat in ihrem Leben viel Leid und Schmerzen erfahren und empfand darin eine große Trost-losigkeit, Ausweg-losigkeit und Gnaden-losigkeit. So war sie beständig auf der Suche nach Sinn, Halt, Gott. Obwohl in einer jüdischen Familie aufgewachsen, wuchs sie doch ohne religiöse Prägung auf. So war sie aber auch offen für andere religiöse Gedanken und Anregungen. Sie setzte sich sehr für die arbeitenden Menschen ein und für den Frieden. Darin zeigt sie sich empfindlich für menschliches Leid und sucht einen Ausweg in der Gnade und einer guten Gottesbeziehung.

Die Liebe, die den verlassenen Christus am Kreuz durch einen unendlichen Abstand mit seinem Vater vereint, wohnt in jeder heiligen Seele. Ein Punkt dieser Seele ist andauernd beim Vater. „Dort, wo ein Mensch seinen Schatz hat, hat er sein Herz.“ Der empfindsame Teil ist immer der Qual des Unglücks ausgesetzt. In dieser Seele erklingt der Dialog, den der Schrei Christi und das Schweigen des Vaters bilden, ewig in vollkommenem Einklang. Gegenüber einem Unglücklichen findet diese Seele sofort den richtigen Ton. „Mein Vater, warum hast du ihn verlassen?“ Und in ihrem Mittelpunkt antwortet das Schweigen des Vaters.

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