Missbrauchskonferenz in Rom

Übermorgen beginnt in Rom eine Konferenz der Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen und der Ordensoberen weltweit. Ihr Thema werden die vielen Missbräuche innerhalb der katholischen Kirche sein. Sie ziehen sich schon viele Jahre und Jahrzehnte durch die Kirchengeschichte und durch viele (alle?) Länder dieser Welt. So kann man nicht – wie es in Deutschland anfangs (2010) geschehen war – von „Einzeltätern“ und „einzelnen Verfehlungen“ sprechen. Das sind unerträglich verharmlosende Begrifflichkeiten. Zumal diese Taten eingebettet waren/ sind in ein System der Begünstigung, der Vertuschung, der Rückendeckung für auffällige Priester (und wohl auch Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten). So gilt es bei der Synode in Rom, ein Bewusstsein zu entwickeln für die systemische Seite der Missbräuche. Für mich fast unerträglich, wenn Kardinäle heute noch sagen, das gäbe es bei ihnen/ in ihrem Land nicht. Das kann ich mir nicht vorstellen. Wohl vorstellen kann ich mir jedoch die Tabuisierung von Sexualität generell und von Missbrauch im Besonderen.

Beeindruckend war für mich ein Gespärch, das der BR vor etwa drei Wochen ausgestrahlt hat. Doris Wagner und Kardinal Schönborn sprachen über den Missbrauch, den Frau Wagner als Ordensschwester erlitten hatte. Es hat mir gezeigt, wie schwer es ist, auch lange Zeit nach dem Erleben darüber zu sprechen; wie viele Emotionen dabei hochkommen und wie viele auch nicht; wie mühsam und doch auch gelingend ein ernsthafter Dialog ist.

Von der Synode in Rom ist vielleicht nur zu erwarten, dass die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen endlich ein Bewusstsein dafür bekommen, dass hier viel Unrecht und Gewalt unter dem Deckmantel der Kirche geschieht; dass Macht ausgeübt wird und ein völlig verqueres Verständnis von Priestertum, Heiligkeit und Unantastbarkeit (Stichwort: „Klerikalismus“) all das begünstigt. Vielleicht ist dieses gemeinsame Bewusstsein der Schritt, dem dann erst (und hoffentlich) andere folgen: eine konsequente und klare Wahr-nehmung und Für-wahr-halten der Erzählungen von Opfern; eine konsequente Konfrontation der Täter; kirchenrechtliche Konsequenzen; eine sofortige Kooperation mit den staatlichen Strafverfolgungsbehörden; eine kritische Sichtung der konkreten Arbeitsbedingungen, denen Seelsorger unterworfen sind.

Missbrauchsopfer sind wohl geprägt für ihr ganzes Leben. Sie brauchen Unterstützung und Hilfe, therapeutische und menschliche. Das gab es lange nicht. So vermute ich, dass es auch bei den Seniorinnen etliche gibt, die solche Erfahrungen gemacht haben – und dabei denke ich nicht (nur) an die Vergewaltigungen im Krieg. Aber wo gibt es ein Forum für diese Menschen?

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