An den beiden Festen „Allerheiligen“ und „Allerseelen“ denken wir im kirchlichen Leben an die Verstorbenen. Dabei stehen an Allerheiligen diejenigen Menschen im Blickpunkt, die keinen eigenen Gedenktag haben, obwohl sie zu den Heiligen gerechnet werden.
Gerade in der Frühzeit der Kirche gab es sehr viele Märtyrer. Man versammelte sich am Todestag an deren Gräbern und feierte die Eucharistie. Später – im Zuge der Völkerwanderung – wurden deren Gebeine in die Kirchen gebracht und dort verehrt. Eine formale „Heiligsprechung“ kam erst später auf und war zunächst eine Aufgabe der Ortsbischöfe. Erst um das Jahr 1000 n. Chr. beanspruchte der Papst dieses Privileg für sich; 1170 wurde es durch Papst Alexander III. kirchenrechtlich so fixiert.
An Allerseelen erinnern wir uns der Verstorbenen der eigenen Familie, der Freunde und auch der Menschen im Dorf. Da sind also sehr konkrete Erinnerungen vorhanden. Deshalb versammelt man sich zum Gottesdienst in der Kirche und geht anschließend zu den Gräbern, die dann gesegnet werden. So jedenfalls im Normalfall.
Den Normalfall haben wir dieses Jahr jedoch nicht. Deshalb entfällt z.B. bei uns im Dekanat Mühldorf der Gräberumgang, weil der nötgie Mindestabstand nicht gewährleistet werden kann. Statt dessen gibt es Handreichungen und Weihwasser für die Angehörigen, das selbst zu tun. Darin liegt für mich auch ein wunderbarer Hinweis, wozu wir Gläubigen selbst befähigt und in der Lage sind.
In diesem Jahr gilt es auch all der Menschen zu gedenken, die in der Zeit von Corona gestorben sind. Etliche konnten nicht im Sterben begleitet werden, bei vielen fand die Beerdigung lediglich im kleinsten Kreis statt. Das war für ganz viele sehr bedrückend und schmerzhaft. Auch ein tröstendes, hoffnungsvolles, Zuversicht spendendes Wort aus dem Glauben heraus wurde vermisst. Zumindest war das nicht in einem öffentlichen Gottesdienst möglich.
Der christliche Glaube jedoch hat seine spezifische Ausrichtung in der Perspektive der Auferstehung. Wir alle, ob Heilige oder „arme Seelen“, werden durch Gottes Barmherzigkeit und Güte, die größer ist als alles andere, durch die Auferstehung am letzten Tag (unseres Lebens/ der Welt) bei Gott sein. Ich persönlich glaube, hoffe und wünsche, dass die Menschen schon im Sterben das wunderbare Leben sehen, das gleich auf sie zukommt. Eine Bekannte erzählt mir immer von Sophie Scholl. Die soll sich unmittelbar vor ihrer Hinrichtung von ihrem Bruder und den anderen Verurteilten verabschiedet haben mit dem Satz: „In einer Viertelstunde beim lieben Gott.“
„Allerheiligen“ bereitet also sozusagen den Boden vor für das Fest „Allerseelen“. Im Glauben, dass die Heiligen bei Gott sind, erhoffen und wünschen wir das auch für alle, die wir gekannt haben. Und auch für uns selber.