Trauer in Zeiten von Krieg

Seit vier Monaten herrscht Krieg in der Ukraine. In Syrien seit vielen Jahren. In Afghanistan insgesamt mehr als dreißig. Unzählige Menschen haben ihr Leben verloren (eine Meldung von heute zählt 300 000 in Syrien). Unzählige Menschen haben einen Angehörigen verloren und trauern. Auch noch nach Jahren und Jahrzehnten, wie Senior*innen bei uns erzählen.

Aber findet die Trauer so vieler Menschen weltweit (auch in Ländern, die nicht in unserem Bewusstsein sind) einen Raum?

In den Nachrichten sehen wir den Schrecken und das Entsetzen. Und bevor uns das berühren kann, kommt die nächste Nachricht. Trauer jedoch braucht Zeit. Siehe das Buch Ijob, wo die Freunde sieben Tage bei ihn sitzen und nichts sagen. Und das ist ihre allerbeste Reaktion: dabei sein – schweigen – dem Gefühl Raum geben. Eine ähnliche Reaktion ist das Verstummen von Politiker*innen, wenn sie in Butscha oder Irpin sind.

(Eine Alternative sehen wir m. E. in Amerika. Bei fast jedem Anschlag kommt der Ruf nach Vergeltung und mehr Waffen zur (vermeintlich) höheren Sicherheit. Die Trauer währt nur kurz. So steigt die Spirale der Gewalt.)

Orte und Räume für die Trauer: es gilt, sie zu schaffen und zu finden. In den Kirchen, in Gesprächen, in den Reden. Persönlich und auch gesellschaftlich/ politisch.

Und wenn nicht im öffentlichen Raum, dann wenigstens im inneren Raum des eigenen Herzens. Den Menschen wahrnehmen in seiner Verwundbarkeit, seiner Verletztheit, seiner Fragilität. Quer durch alle Länder, quer durch alle Zeiten. Geschichte begreifen nicht als Siegergeschichte, sondern als Trauergeschichte.

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