Gestern haben wir im Kloster Zangberg wieder mal einen sehr besinnlichen Vormittag verbracht. Thema war dabei die Sehnsucht, denn wir Menschen sind ja „Sehnsuchtswesen“. Die Sehnsucht kann sehr unterschiedliche Farben haben: blau, gelb, rot – manchmal auch zu Spiralen geformt, die uns hineinziehen, manchmal waren es Bilder aus der Vergangenheit, die dieses Gefühl von Sehnsucht auslösen. Sehnsucht verbindet sich oft mit anderen Menschen, manchmal mit der Vergangenheit des eigenen Lebens, manchmal auch mit der Zukunft. Sehnsucht markiert in jedem Fall etwas Fehlendes, ein Defizit, einen Mangel. Sehnsucht richtet sich auf Immaterielles (das unterscheidet sie von den Wünschen). Es gibt im Menschen die „Sehnsucht nach dem Wunderbaren und Übernatürlichen, wie Schleiermacher es ausdrückte; und es gibt die „Sehnsucht hinter der Sehnsucht“, die auf Gott hinzielt.
Dann haben wir das Gedicht „Alles beginnt mit der Sehnsucht“ von Nelly Sachs gelesen. Fasziniert und vor allem auch irritiert waren wir von dem Gedanken, dass Gott Sehnsucht nach dem Menschen haben kann. Dass also Gott einen Mangel spürt, dass Gott nicht alles hat und nicht alles ist. Dass Gott bedürftig ist, dass er des Menschen bedarf als eines Gegenübers, auf welches sich seine Liebe richten kann.
Dass Gott bedürftig ist, sehen wir am augenfälligsten im kleinen Kind in der Krippe. Gott bedarf der Fürsorge des Menschen und der Hingabe des Menschen, anders kann er nicht groß werden. So wurde dieser Vormittag zu einer intensiven Einstimmung auf das Weihnachtsfest.