Gestern gab es eine Meldung über Evangelikale in Amerika, die die Corona-Pandemie als eine Strafe Gottes betrachten. Unabhängig davon, dass mir ihre Art, den Glauben zu praktizieren, immer allzu plakativ und mehr auf öffentlichen Effekt ausgerichtet erscheint, stört mich ihr Glauben an einen strafenden Gott. Zumal er ja – so weit ich sehe- auch bei den Evangelikalen nicht zu einer Neubesinnung und Umkehr führt, sondern zum Schulterschluss mit den Mächtigen (und zwar gerade mit denen, die die Pandemie nicht sehr ernst nehmen). Außerdem wird das Modell des strafenden Gottes sofort hergenommen zur Stigmatisierung bestimmter Personengruppen: der Kommunisten, der Homosexuellen etc.
Natürlich gab und gibt es immer wieder Unglücksfälle, Krankheiten, Naturkatastrophen, politische Fehlenscheidungen, Ungerechtigkeiten, gesellschaftliche Fehlentwicklungen. Natürlich haben sich Menschen immer gefragt, wo das herkommt, was das zu bedeuten hat, welchen Sinn das alles hat. Für solche Fragen gab und gibt es verschiedene Antworten und Deutungen der Geschehnisse. Eine Deutung ist, dass das zum Leben, zum Menschen und zur Natur dazugehört, dass Krankheiten völlig „normal“ seien. Eine zweite Deutung ist, dass Gott uns eine Hilfestellung gibt zum Umdenken bei all dem, was falsch läuft und lebenshinderlich ist. Eine andere Deutung ist eben, dass es sich um die Strafe Gottes für ein Fehlverhalten handelt. Eine andere, dass Gott uns auf die Probe stellen will.
Der Gott der Bibel ist jedoch kein strafender und rächender Gott. Auch keiner, der auf die Probe stellt. Strafe und jemanden auf die Probe stellen waren Erziehungsprinzipien früherer Zeiten. Da wird also etwas in ein Gottesbild hineingetragen, das aus sehr menschlichen (und zwar üblen) Erfahrungen herrührt. Sicher findet man im Alten und auch im Neuen Testament Stellen, die diese Deutung zu bestätigen scheinen. Leider gibt es noch genügend Menschen (übrigens auch Katholiken), die von solchen Vorstellungen geprägt sind und sie weiterverbreiten. Auch über verschiedene Medien.
Die Deutungen der Geschehnisse als Strafe oder Probe Gottes wird jedoch immer wieder korrigiert: Gott führt aus der bedrängenden Situation auch wieder heraus. Gott eröffnet Auswege, Gott eröffnet Hoffnung, Gott eröffnet neue Lebensperspektiven. Prominentestes Beispiel dafür ist die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten oder dem Babylonischen Exil. Für Christen ist es Jesus Christus, der aus dem Tod heraus geführt wurde in die Auferstehung.
Der Gott der Bibel, wie ihn uns Jesus Christus nahegebracht hat, ist ein menschenfreundlicher Gott. Er wendet sich gerade den Menschen in der Not zu: den Kranken, den Sündern, den Stigmatisierten und denen, die wegen einer Krankheit isoliert waren. Diese Haltung Jesu sehe ich in diesen Tagen in so vielen Hilfsbereiten verwirklicht, selbst wenn sie sich selbst nicht als „gläubig“ bezeichnen würden.
Kardinal Marx hat neulich in einem Interview auf die Frage, ob Gott ein strafender Gott ist, gesagt:
„Da würde sich ja sofort die weiterführende Frage stellen: Warum ist das eine Strafe und für wen? Da kämen wir doch zu einem sehr schwierigen und negativen Gottesbild. Nein. Gott liebt uns und nimmt uns an, so die Botschaft Jesu. natürlich fragen wir uns: Wie verhalten wir uns zu Gott angesichts von krankheit, Tod, Katastrophen und UNglück und was macht da mit unserem Glauben. Wir haben letztlich keine Antwort darauf, warum wir leiden. Wir sind Geschöpfe, wir sind endlich, wir sind sterblich. Als Cristen sagen wir: Es gibt eine Hoffnung. Die Hoffnung auf den Gott, der sich selbst auf das Leiden und Sterben eingelassen hat.
Ich selber sehe