Zurzeit mangelt es nicht an bedrückenden Nachrichten. Zu den in der letzten Woche erwähnten kommen immer neue hinzu. Zuversicht zu haben fällt schwer. Es braucht Ermutigung, und die kommt von außen. Oder kann man sich auch selbst ermutigen?
Wenn ich jemanden sehe, der sich abmüht und abkämpft mit einer Aufgabe, die (zu) groß ist für ihn/ sie (ich verwende künftig die maskuline Form, in die ich das Feminin einschließe) : dann habe ich mehrere Möglichkeiten:
- Ich kann mich abwenden und diesen Menschen allein weiterkämpfen lassen.
- Oder ich kann ihm helfen bei seiner schweren Aufgabe. Da habe ich allerdings in jungen Jahren (ich war noch keine 20) eine heftige Lektion bekommen: ein Fußballerfreund, der Peter, hatte einen Fuß amputiert bekommen. Als ich ihn im Krankenhaus besucht habe, musste er auf die Toilette und ich wollte ihm (da es sichtlich mühsam war für ihn) aus dem Bett helfen. Er dagegen hat mich ziemlich geschimpft – und ich war geschockt und habe seine Begründung erst später verstanden. Er sagte: „Ich muss das selbst lernen, allein aufzustehen!“ Wie gesagt: erst später habe ich verstanden, dass eine zu schnelle Hilfe auch etwas Kleinmachendes, etwas Entmündigendes an sich haben kann, das verhindert, dass der andere ein Erfolgserlebnis hat.
- Die dritte Möglichkeit ist also, dem anderen Mut zuzusprechen, ihn zu bestärken, es selbst zu schaffen. Dazu muss ich mir (und ihm) Zeit lassen mit meiner Intervention. Dazu muss ich erst einmal anerkennen, dass die Aufgabe groß ist und in welch hohem Maße er seine Kräfte einsetzt. Ich würdige seine Ausdauer und die Fähigkeiten, die er hat. Auch wenn ich schon lange die Lösung habe (oder glaube, sie zu haben), warte ich, bis meine Hilfe angefragt wird. Und dann zeige ich vielleicht höchstens Wege auf, statt fertige Lösungen zu präsentieren. Das ermöglicht dem anderen am Ende das Erfolgserlebnis.
Was ich hier als Ermutigung dargestellt habe, ist sicher sehr idealtypisch (und sagt nicht, dass ich das auch tatsächlich [immer] so mache). Aber es zeigt doch den Weg, wie Ermutigung gehen kann: die Kräfte des anderen bestärken und wecken, Anerkennung und Würdigung, vor allem: dabei sein!
Und schon haben wir wieder im „Dabeisein“ das Göttliche, den Gott, der von sich selbst sagt: „Ich bin da!“ Der Menschen immer wieder ermutigt hat, mit ihren sehr eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten das zu tun, was ansteht. Durchaus auch im Konflikt, in der Auseinandersetzung mit anderen, aber auch dabei, andere aufzurichten, zu versöhnen, zu heilen … Und diese Ermutigung durch Gott ist ja nicht abgeschlossen, sie passiert heute immer wieder, sie geschieht durch Menschen, sie geschieht manchmal unverhofft und ungeplant. sie geschieht auch im ganz Kleinen: in einem Augenzwinkern, einem Lächeln, einer ausgestreckten Hand, einem offenen Ohr, einem freundlichen Wort … In diesen kleinen Gesten können Menschen etwas Göttliches tun und zeigen.