Erinnerungen als Lebensschatz

Neulich hatte ich eine Begegnung mit jemandem, den ich seit sehr vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sofort kam wieder Erinnerungen hoch.

Erinnerungen bestimmen unser Leben. Je länger es dauert, desto mehr Erinnerungen häufen sich an. Erinnerungen an Menschen mit ihren Namen, ihren Gesichtern, ihren Geschichten. Erinnerungen an Erlebnisse – schöne wie weniger schöne. Prägende, die Spuren hinterlassen haben. Manchmal leiden Menschen ihr ganzes Leben lang unter traumatischen Erinnerungen.

Ich merke aber auch, dass Erinnerungen verblassen: der Name fehlt zum Gesicht. Die Geschichte, der Tonfall ist in meinem Gedächtnis, aber wer war das?

Das teile ich mit vielen anderen. Vieles, was keine Bedeutung mehr hat, ist weg. Anderes ist sehr lebendig und braucht nur einen Anknüpfungspunkt.

Mit Blick auf das alles schaue ich auf mein Leben zurück. Sehe mich selber im Spiegel meiner Erinnerung. Merke, dass mein Leben an dieser oder jener Stelle anders hätte verlaufen können. Anders – nicht unbedingt besser.

Ich erinnere mich an Gefühle. Enttäuschungen, Verletzungen, Vertrauen, Liebe.

Bild: Michael Tress

Kann man Gefühle vergessen? Bei den Enttäuschungen und Verletzungen wäre ich froh. Aber da hilft wohl nur die Auseinandersetzung damit, das Verarbeiten. Eine andere Frage ist: kann man etwa die Liebe vergessen. Die erste große Liebe und die letzte große Liebe? Kann man Berührungen vergessen? Kann man Zärtlichkeit vergessen? Die will ich in Erinnerung behalten als kostbaren Schatz. Drum bewahre ich Erinnerungsstücke auf für die Zeit, wo mein Gedächtnis streikt. Meine ganz persönliche Erinnerungskultur.

Beruhigend ist es für mich zu wissen, dass man die Liebe nicht vergisst. Auch nicht in der Demenz. Ihr Aufbewahrungsort ist nicht das Gehirn, sondern das Herz.

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