Weihnachten 2024

Fülle

Es gibt Menschen, die in Fülle leben, weil sie alles haben, was sie brauchen; mehr haben, als sie ich wünschen können. Sie leben im Überfluss. Sie leben „in Saus und Braus“, haben manchmal eine entsprechende Leibesfülle. Aber ob das auch ein erfülltes Leben ist?

Eine erfüllte Zeit ist etwas anderes wie eine volle Zeit. Zu manchen Zeiten hatte ich einen ganz vollen Terminkalender, ein Termin hat den anderen „gejagt“ – und dennoch war es keine erfüllte Zeit.

„Als die Zeit erfüllt war …“ – so beginnen die Erzählungen von Verheißungen, die sich dann irgendwann einmal erfüllt haben.

„Ich will, dass sie das Leben haben – und dass sie es in der Fülle haben“, sagt Jesus. (Joh 10,10). Ist das eine solche Verheißung, die sich irgendwann einmal erfüllt?

Dieser Satz folgt auf die Heilung eines Blinden und ist eingebettet in Worten von Gefährdungen und Verunsicherungen, denen die Menschen damals – sei es zur Zeit Jesu oder auch zur Zeit der Entstehung des Johannesevangeliums um die erste Jahrhundertwende – ausgesetzt waren. Es waren also gerade nicht die Gesunden, Starken und Reichen, die Mächtigen und Vermögenden, denen dieser Satz Jesu galt und gilt. Sie gilt Menschen im Mangel. Sie gilt Menschen, die von anderen ausgenommen werden. Sie gilt Menschen, deren Vertrauen zerstört worden ist.

Vielleicht ist es gar keine Verheißung, wie gerne interpretiert wird. Jesus sagt: „ich will, ….“. Das bedeutet für mich: Jesus sieht einen Mangel, ein „zu wenig an Leben“ und hätte es gerne anders. Hätte gerne ein Leben in der Vollform, eines, das diesen Namen ohne jede Einschränkung verdient. Ein Leben ohne Beeinträchtigung, ohne Behinderung, ohne Unterdrückung von Lebensförderlichem.

Jesus hat in seinem Leben sein Mögliches getan. Wir Christen leben in seiner Nachfolge. Der Weihnachtsglanz kann den Blick auf Leben im Mangel trüben. Oder erhellen.

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