Glück, Gesundheit und Zufriedenheit

Rund um den Jahreswechsel haben sich Menschen „ein glückliches, gesundes, zufriedenes neues Jahr“ gewünscht. In diesem Wunsch drückt sich auch ein Wissen (oder zumindest eine Ahnung) darüber aus, dass Glück, Gesundheit und Zufriedenheit nicht machbar sind.

Sicher können wir – wie einer meiner Gratulanten gemeint hat – auch selbst etwas dazu tun. Selber aktiv werden. Aber eben doch nur in einem begrenzten Rahmen.

Ich lese gerade ein sehr interessantes Buch: „Ethik der Verletzlichkeit“ von Giovanni Maio. Darin wird u.a. deutlich, dass Menschen immer auch verletzliche Wesen sind. Aber dafür Sorge zu tragen, eben nicht verletzt zu werden (körperlich, seelisch, durch Erkrankungen, durch den Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben), dazu braucht es entsprechende Rahmenbedingungen, die das ermöglichen: Bildung, finanzielle Mittel, soziale Einbettung und mehr. Das aber ist gerade bei Menschen in prekären Lebenssituationen nicht oder nur eingeschränkt gegeben. Wer wenig Geld hat, kann sich gesundes Essen oder eine weniger anstrengende Arbeit nicht leisten.

Unsere Gesellschaft legt großen Wert auf Eigenverantwortlichkeit. Das ist auch gut so. Aber ich merke, dass dieser Eigenverantwortlichkeit Grenzen gesetzt sind:

  • Eine alleinerziehende Mutter kann nicht Vollzeit arbeiten, wenn Betreuungsmöglichkeiten fehlen.
  • Bildung ist auch eine Frage des Geldes. Kinder mit schlechter Bildung haben schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
  • ein Geringverdiener wird keine große Rente bekommen.
  • eine Seniorin mit kleiner Rente tut sich schwer, den Eigenanteil im Seniorenheim aufzubringen.

Die Aufzählung lässt sich beliebig fortsetzen.

Der Staat, die Gesellschaft müsste dafür Sorge tragen, dass Lebensbedingungen geschaffen werden, die Eigenverantwortlichkeit ermöglichen. Dass nicht die Reichen und Vermögenden privilegiert, sondern die Schwachen in Solidarität gefördert und unterstützt werden.

Das wäre übrigens nicht nur eine politische Haltung, sondern auch eine, die unserem vielbeschworenen christlichen Menschenbild entspricht. Jesus hat den Menschen in seiner Verletzlichkeit und Bedürftigkeit gesehen (z.B. Bartimäus, die „Sünderin“, den Gelähmten). Er hat sie ermächtigt, selbst für ihr Leben zu sorgen.

Jemandem ein „glückliches, gesundes, zufriedenes Jahr“ zu wünschen, ist sicher ein ausgezeichneter Wunsch. Mögen also alle Menschen auch die Möglichkeiten bekommen, das Ihre dazu zu tun.

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