Corona-Advent

Der Advent ist ja schon immer eine Zeit des Wartens gewesen. Die Christen warten und erwarten das Kommen des Herrn (lateinisch: adventus Domini). Das tun sie seit den Tagen der Urkirche, als sie mit einer baldigen Wiederkunft Jesu Christi rechneten. Nachweisbar als Vorbereitungszeit auf Weihnachten, dem Geburtsfest Jesu, ist der Advent etwa seit dem 4. Jahrhundert.

Schon vorher hatte das Volk Israel auf den Messias gewartet. Der Messias sollte ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens herstellen und wurde dabei in der Tradition des Königs David gesehen. Jesaja (genauer: der zweite oder „Deuterojesaja“) identifizierte den persischen König Kyros mit dem Messias, denn der hat das Exil in Babylon beendet.

Im Jahr 2020 ist der Advent auch eine Zeit des Wartens. Die Menschen warten – auf einen Impfstoff gegen Corona. Dieser Impfstoff soll das Heil bringen, das darin besteht, das Leben vor Corona wieder aufzunehmen. Offene Geschäfte, offene Vergnügungsmöglichkeiten, offene Reisemöglichkeiten. Keine Angst mehr vor nahem Kontakt, keine Angst mehr vor Ansteckung, keine Angst mehr vor schwerem Krankheitsverlauf. Die Unheilsverkünder, die Verschwörungstheoretiker, die Angstmacher und Verunsicherer zum Schweigen gebracht. Gerechtigkeit im biblischen Sinne der sozialen Solidarität hält Einzug in die Menschheit global.

Aber was tun, bis dieses „Heilmittel“ kommt? Im Frühjahr gab es schon viele Aktivitäten, die soziale Solidarität zeigten: Helferkreise sind entstanden, es gab gemeinsames Singen vom Balkon, es gab viel Kreativität in der Kontaktaufnahme zu anderen (vor allem mit und für Senioren).

Und jetzt im Advent – im Corona-Advent? Viele Seniorenclubleiter*innen verschicken Briefe an Senior*innen. Ich erfahre von Schul- und Kindergartenaktionen, die einen Gruß basteln und an alte Menschen im Seniorenheim schicken. Menschen (alte und junge) schließen sich zu Corona-Haushaltsgemeinschschaften zusammen.

Warum nicht auch im Advent eine Kerze anzünden und ins Fenster oder vor die Haustür stellen als Zeichen der Solidarität mit den Pflegekräften, Ärzten, Corona-Erkrankten?

Warum nicht im Advent sich verabreden, zu einer bestimmte Zeit etwas zu machen, zwar jeder bei sich daheim, aber doch gemeinsam. Das kann jetzt eine bestimmte Musik sein, die man hört, oder einen Text lesen oder auch miteinander beten.

Warum nicht am Heiligen Abend vom Balkon aus „Stille Nacht“ singen – vielleicht mit Nachbarn zusammen?

Das löst natürlich keine strukturellen Probleme. Dazu sind wir als Einzelne gar nicht in der Lage. Wir können nicht die Arbeitsbedingungen verbessern und auch nicht „Corona besiegen“. Aber wir können ein klein wenig mit unseren Möglichkeiten (theologisch sprechen wir von „Charismen“ = Gnadengaben Gottes) zeigen, wie Gott in unsere Welt kommt.

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