Am 6. Dezember feiern wir den Namenstag des heiligen Nikolaus und erinnern uns dabei an einen der populärsten Heiligen. Manche wissen die Geschichte, als er einen Kapitän dazu bewegen konnte, seine Ladung Weizen, die eigentlich für den Kaiser in Konstantinopel bestimmt war, in seiner Stadt zu löschen, um so eine Hungersnot zu lindern. Viele kennen die Geschichte, wie er nachts einer armen Familie drei Goldkugeln ins Fenster gelegt hatte. So hatte er verhindern können, dass sich die drei Mädchen prostituieren mussten, um der Armut zu entkommen.
Aber wo war Nikolaus zu Hause? Und wann hat er gelebt? Hier wird es ein wenig schwierig. Denn es gab zwei „Nikoläuse“. Der eine ist Bischof in Myra in der heutigen Türkei und hat im 4. Jhd. gelebt. Der andere war Abt und Bischof in Pinora und starb 564. Da beide in derselben Gegend lebten, wurden auch die Erzählungen über sie zusammengefügt. So gibt es noch eine ganze Reihe Geschichten darüber, dass Nikolaus mehreren Menschen das Leben gerettet habe.
Als ich vor vielen Jahren mal im Kindergarten den heiligen Nikolaus spielen durfte, habe ich erzählt, dass er aus der heutigen Türkei stammt. Da hat das Gesicht eines türkischen Jungen zu strahlen begonnen, dass der große Heilige aus seinem Land gekommen war.
In meiner Kinderzeit war der Nikolaus eher eine Figur des Schreckens und der Angst – vor allem, wenn der Krampus dabei war. Das geht auf eine Entwicklung der frühen Neuzeit zurück, als der Bischof ein Strafgericht abgehalten hatte mit Hilfe eines Knechts. Da haben die Eltern eine Heiligenfigur für ihre Erziehungsmaßnahmen missbraucht. Gott sei Dank hat sich diese Perversion des ursprünglichen Heils- und Segensgedankens heute (weitgehend) überholt.
Dafür hat sich der Heilige zunehmend profanisiert zum „Weihnachtsmann“. So wird jetzt der spirituelle Hintergrund nicht mehr sichtbar. Und auch der „Heiligenschein“ – das Erleben des Heiligen in unserer Welt – hat gelitten. Ich sehe die Kinder kaum noch staunen – so wie es vor über 30 Jahren der kleine türkische Junge getan hat. Der Nikolaus ist alltäglicher geworden.
Im Alltag – vor allem dem in der Coronazeit – sehe ich vieles, was mich an den Heiligen Nikolaus erinnert: Menschen schreiben Briefe und machen kleine Bastelarbeiten. Die legen sie dann (wegen der Kontaktbeschränkungen) den Senior*innen vor die Türe. So retten sie Menschen aus der Einsamkeit. Menschen erheben ihre Stimme und verhandeln mit den Mächtigen – nicht zum eigenen Vorteil, sondern zu Gunsten der Schwachen und Stimmlosen. Menschen bringen die Sorgen und Nöte der Kranken und der Pflegenden vor Gott im Gebet.
In solcher Gestalt erscheint der heilige Nikolaus nicht nur am 6. Dezember, sondern auch das ganze Jahr hindurch.