Zum 1. Adventssonntag
Wir bereiten uns im Advent vor auf Weihnachten – das Fest der Geburt Jesu. Aber wofür steht der Name „Jesus“? Worauf richten wir uns aus? Dazu sollen meine Gedanken Impulse geben.
Jesus ist der „Sohn Gottes“. Mit dem Wort SOHN drücken wir keine biologische oder genealogische Beziehung aus (obwohl es oft so verstanden wurde und wird), sondern eine spirituelle. Jesus verweist mit seinem ganzen Leben und Wirken auf das Wesen Gottes, spiegelt es gleichsam in seiner menschlichen Erscheinungsform. An der Art, wie Jesus ist, auftritt, handelt und spricht erkennen die Menschen, wie Gott ist.
In unserem Neuen (oder auch Zweiten) Testament finden wir nicht die banalen Geschichten wieder, sondern eben die, die etwas durchscheinen lassen vom Wesen Gottes. Die Nähe zu den Menschen am Rand ist von Anfang an konstitutiv, bestimmendes Merkmal für Gott, für Jesus. Im Laufe seines Lebens lernt Jesus auch, dass er universal denken und handeln muss, über die Grenzen Israels und Judas hinaus. Dass Gott ein universaler Gott für alle Menschen ist, so wie er sich spätestens seit dem Babylonischen Exil gezeigt hat. Jesus sucht immer wieder den Kontakt, das Gespräch mit Gott – sei es im Tempel, sei es in der Synagoge, sei es in der Stille – und selbst noch am Kreuz. Jesus verwirklicht aus dieser innigen Beziehung heraus die „Menschenfreundlichkeit Gottes“, wie wir es in der Weihnachtslesung hören. Jesus scheut auch nicht die Konfrontation mit den theologischen Kapazitäten, wenn es darum geht, die Menschen von einem knechtenden, niederdrückenden, Gebote erfüllenden Anspruchsjoch zu befreien. Denn Gott ist ein Gott der Freiheit und des Lebens und der Gemeinschaft ohne Machtmissbrauch.
Da haben wir als Kirche, als Gesellschaft, als Einzelne viel zu lernen. Zu groß sind die Verlockungen von Macht, Stärke, Gewalt. Auf menschlicher, wirtschaftlicher, politischer, geistlicher Ebene.
- Wenn es uns Ernst wäre – wenn es uns Ernst ist mit der Erwartung von Jesus;
- wenn wir das nicht zu schnell delegieren an eine göttliche, von außen kommende „Macht“;
- wenn wir unsere eigene Gottesbeziehung ernst nähmen (mit allen Suchbewegungen, mit allen Lernerfahrungen, mit allen Fragen und Zweifeln);
dann …. wird und ist Advent*. Dann kommt Gott in diese Welt, dann erscheint das Wesen Gottes in unserer Welt, dann wird das Göttliche sichtbar und spürbar in unserer Welt.
*Das lateinische „adventus“ heißt übersetzt: Ankunft Gottes